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bei den Dinka entschieden das Gegentheil der Fall ist. Auch in diesem Punkte stimmen viele der sogenannten Niām-Niām mit den Bongo.

Das Haar der Bongo bietet weder hinsichtlich der auf seine Pflege verwandten Sorgfalt noch in Betreff sonstiger Eigenthümlichkeiten irgend welches Interesse. Es ist das kurze, krause Wollhaar, an welches sich in Ermangelung von etwas Besserem krampfhaft die Lehre von der Racenselbstständigkeit und Zusammengehörigkeit des sogenannten Negergeschlechts klammert, während es in gleichem Grade wie Hautfarbe und Schädelbildung unter den Bewohnern dieses massigen Continents zu variiren pflegt. Häufig ist der Gebrauch einer helmartigen Kopfbedeckung, aus einem kurzen Korbkegel gebildet, welcher an der Spitze mit Federn geziert ist. Die Männer gehen nicht gänzlich nackt; ein kleines Fell, meist der hier äußerst häufigen Stammart unserer Hauskatze (durch nichts von letzterer verschieden!) oft auch von wilden Hunden und dergl., pflegt, um die Hüften geknüpft, nach hinten herabhängend getragen zu werden, während die Vorderpartie standhaft freigelassen wird. Die der europäischen Cultur so häufig von bekehrten Südsee-Insulanern zugefügte Schmach, den Frack verkehrt anzuziehen, wäre hier gewiß nie zu erwarten. Die Unterarme der Männer tragen den Ringbeschlag, die Unterschenkel der Frauen die klirrenden Ringe, wie ich sie bei den Danghé beschrieb. Auch sah ich Fußringe, welche von selbstverfertigtem Eisenblech mit großem Geschick hohl gearbeitet waren, an verschiedenen Stellen Einschnürungen zeigten, und in diesen Hohlräumen kleine Steinchen trugen, um beim Gehen ein schellenartiges Geklirr zu erzeugen. Die Ohren der Frauen sind am Rande durchlöchert und geziert wie bei den Djanghé, allein außer der durchlöcherten Oberlippe, welche meistens ein rundes Kupferstück (von der Größe eines Neukreuzers) trägt, ist auch die Unterlippe, und zwar in übertriebenster Weise mit einem Anhängsel versehen. Wahrscheinlich um das häßliche, satanische Hervorstarren der oberen Schneidezähne, welche stets weit vor den Unterkiefer vorragen, auszugleichen, wird in einem großen Spalt der Unterlippe ein kurzcylindrischer Holzklotz von etwa 2–3 Zoll Durchmesser geschoben[1], welcher das Volumen derselben 5–6fach vermehrt. Etwas oberhalb des Nabels, wie auch viele Männer zu erkennen geben, befindet sich häufig eine kleine Durchlochung der Haut, in welcher ein Stöckchen von der Größe eines Zündhölzchens gesteckt werden kann, wie in die Oberlippe der Frauen.


  1. Ganz ähnlich wie bei einigen Stämmen Amerika’s.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_116.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)