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nicht gegenseitig zu treffen, schießen die Soldaten eine Menge Schrekschüsse in die Luft, welche gewöhnlich ausreichen, um die Eingeborenen dermaßen einzuschüchtern, daß sie gern von der Lücke Gebrauch machen, welche ihnen nun die Umringenden eröffnen, um die Männer herauszulassen. Jetzt bemächtigt man sich mit Hülfe der mitgebrachten Neger der Heerden und tritt, den Raub im Rücken deckend, den Rückzug an. Das Ergebniß eines solchen Unternehmens muß mindestens 2000 Stück betragen, um die Bedürfnisse zu decken. 2/3 fallen dem Seriben-Besitzer, 1/3 den Soldaten anheim, welche sie an die Gellabas, die in allen Seriben in großer Menge vorhanden und die schändlichen Helfershelfer dieses verbrecherischen Handels sind, verkaufen. Die Gellaba’s nun wiederum handeln abwechselnd mit Baumwollenzeug, Seife etc., dann mit Sklaven, mit Kupferringen und Perlen, schließlich mit Rindern, je nach dem Erfordernisse der sich darbietenden Chancen. So war ihr Viehhandel in diesem Jahre hierselbst ein sehr bedeutender, sie schafften große Massen von Scherifis Seriba (der glücklicher gewesen war) herbei, und handelten vom Verwalter des Ghattās und seinen Leuten dafür Sklaven, Kupfer, Korn etc. ein, um diese Artikel wieder anderwärts vorteilhaft umsetzen zu können.

Auch Sklaven werden selbstverständlich bei solchen Razzien in großer Menge erbeutet. Ihr Werth ist hier ein so geringer, daß man für 40 Kupferringe einen halbwüchsigen Knaben erhält, welcher in Chartūm seine 80 Thlr. werth ist. 40 solcher Ringe aber sind gleich 10–11 Oka, und die Oka wird in Chartūm mit 35 Piaster Tarif (der Maria-Theresienthaler à 20 P. T.) auf dem Markte verkauft.

Ein Räthsel bleibt es mir, wie bei dem seit Jahren fortgesetzten Viehraube im Großen und bei einem großartigen Vieh-Consume Tausender hier täglich Fleischkost verlangender Nubier der Reichthum an Heerden in diesem Gebiete nicht erschöpft werden kann. Allerdings schlachten die Eingeborenen ihr Vieh niemals, allein die Fliegenplage decimirt beständig alle Heerden und die Kühe pflegen nie mehr als ein Junges zu werfen, die meisten bleiben Färsen oder kalben nur wenige Male. In dieser Thatsache hat man vielleicht ein Mittel in der Hand, die sich aller Berechnung entziehende Einwohnerzahl taxiren zu können, da allein zur Beaufsichtigung und Wartung solcher Viehmengen eine große Menschenmasse gehört.

Eine bedeutende Erweiterung erfuhr meine Landeskenntniß auf der vom 26. Juli bis zum 4. August ausgeführten Rundtour zu allen 5 kleinen Seriben des Ghattās. Ein vierstündiger Weg führte diesmal im Westen des früheren nach Gir, wo die Sesamfelder im vollen Flor standen. Nach einer reichen botanischen Ausbeute kam ich nach

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_139.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)