Seite:Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin V 175.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

etwa 4000 Fuß hoch über dem Seespiegel liegen, wahrscheinlich mit einer Depression in der Mitte, nach welcher alle Gewässer dieser Ebene hinab und vereinigt zum Tarim ihr entlang fließen.

Auf der Rückreise machte Baron v. d. Osten-Sacken einen Abstecher zum Westende des Issyk-Kul, wo er Gelegenheit hatte, über den Zusammenhang dieses Sees mit dem Tschu Beobachtungen zu machen, die von denen seines Vorgängers P. v. Ssemenof (über welche in dieser Zeitschrift Bd. IV. S. 123 berichtet wurde), nicht unerheblich abweichen und hier ebenfalls noch mitgetheilt zu werden verdienen. Der Reisende erzählt: „Wir kamen [am Koschkar, dem Oberlaufe des Tschu, abwärts] an die Kutemaldy. Der Tschu macht hier eine scharfe Biegung nach Westen, so daß die Strömung heftig an das rechte Ufer anprallt. Der Ausfluß der Kutemaldy liegt im Winkel gleich oberhalb der Stelle, wo die Strömung an dem rechten Ufer nagt. Es hat sich hier eine seichte Stelle gebildet, wo keine Strömung zu bemerken ist; auch in der Kutemaldy selbst ist das Wasser träge und nur an den seichtesten Stellen, wo der Sand in Streifen blos liegt und das Wasser gleichsam in eine Rinne geschlossen ist, sah ich eine Bewegung desselben nach dem Issyk-Kul hin. [Hierzu die Anmerkung: „Es wurde mir übrigens gesagt, daß bei hohem Wasser im Tschu in der Kutemaldy eine starke Strömung nach dem See hin geht“.] Die Breite der Kutemaldy beim Ausfluß ist 6–7 Faden; sie schlängelt sich sehr regelmäßig, wie es gewöhnlich bei trägen Bächen der Fall ist. Die Ufer sind abwechselnd steil und flach und erreichen an manchen Stellen die Höhe von einem Faden. Wir brauchten 40 Minuten sehr mäßigen Trabes, um durch das dichte Schilf zu dem Ufer des Issyk-Kul zu gelangen. Beim Ausfluß erweitert sich die Kutemaldy zu einem breiten Delta“. Hiernach findet am Tschu dort, wo er dem Issyk-Kul nahekommt, eine Bifurcation statt. Von einer solchen weiß der frühere Beobachter, Ssemenof, bekanntlich nichts, vielmehr fand er auf der zwischen der Winkelspitze des Flusses und dem See liegenden, nach seiner Angabe etwa 7–10 Werst breiten Strecke einen Sumpf, aus welchem ein schwaches Wässerlein zum See abfloß. Es muß nun dahingestellt bleiben, ob der Widerspruch beider Berichte sich aus der Verschiedenheit der Jahreszeit erklärt, in der beide Beobachter ihre Wahrnehmungen machten (Baron v. d. Osten-Sacken am 30. August, Ssemenof am 8. October), oder ob die Terrainverhältnisse in den zwischenliegenden 11 Jahren sich geändert haben, oder endlich ob Ssemenof, der den Tschu aufwärts ging, vielleicht zu früh links abschwenkte und so nicht bis zu der Stelle kam, wo Bar. v. d. Osten-Sacken den Ausfluß der Kutemaldy aus dem Tschu constatiren konnte. Da die Russen sich definitiv jetzt in jener Gegend festgesetzt haben, so

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_175.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)