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Einwohnern gefunden werden müßten, während sie doch ohne allen Unterschied von den übrigen Tibbu sind. – Aus allen diesem scheint mir hervorzugehen, daß Leo und viele Andere vor ihm und nach ihm die ursprünglichen Einwohner der in Frage stehenden Landstriche mehr den Berbern als irgend einer andern Völkerfamilie zuzählten. Es scheint mir weit natürlicher, dies anzunehmen, zumal da namhafte Gelehrte bis in die neueste Zeit derselben Ansicht huldigten, und selbst diejenigen, welche die Verwandtschaft zwischen Tibbu und Negern betonen, doch wesentliche Unterschiede zwischen beiden anerkennen, als ohne reellen Anhalt eine Berber-Invasion in die Tibbuländer zu improvisiren.

Diese ganze Frage entscheidet natürlich durchaus nicht die viel wichtigere über die Abstammung der Tedā. Leo konnte irren, wie so Viele gethan haben, aber auch Barth hat unterlassen, wichtige Momente in den Kreis seiner Argumentation zu ziehen, Momente, die in einer Aburtheilung solcher Fragen nicht übersehen werden dürfen.

Ich für mein Theil, ohne mich der Verwandtschaft der Kanuri- und Tedāsprache verschließen zu können – und, wie Barth sagt, kein vorurtheilsfreier Forscher kann diese leugnen – halte die Frage über die Abstammung der Tedā dadurch noch nicht für erledigt, neige sogar vorläufig dazu, sie den Berbern mehr zu nähern als den Kanuri.

Physische Formen und Eigenschaften, psychisches Leben, gesellschaftliche Sitten und Einrichtungen haben in derartigen Fragen ebenfalls ihre hohe Bedeutung, und nähern im vorliegenden Falle die Tibbu mehr den Berbern, als den Negern, wie man aus meiner Beschreibung der Einwohner ihres Stammlandes „Tu“ erkennen wird.

Und wer weiß, ob nicht ein fortgesetztes vergleichendes Studium des Alt-Egyptischen mit der Tedā- und der Kanuri-Sprache und eine genauere Kenntniß der frühesten Entwickelung des Bornureiches und seiner Bevölkerung die Bedeutung der Thatsache, auf welche Barth sich stützte, vermindert? Welches Urtheil auch competente Gelehrte nach Vervollständigung und Sichtung des Materials fällen werden, ich halte es für übereilt, die Tedā mit so einfacher Sicherheit den Negern einreihen zu wollen, wie Gerhard Rohlfs es thut (Petermann’s Mitthl., Ergänzungsheft No. 25, Seite 28).

Ich wende mich jetzt zu der Landschaft Tibesti und ihren Bewohnern und beginne mit einer kurzen geographischen Skizze.

Die Landschaft Tu, Land der Tedā oder Tubu oder Tibbu Rešade, Felsen-Tibbu, ist ein wildes Gebirgsland mit einer Längenausdehnung von ungefähr 5 Breitengraden (18°–22° nördl. Br.). Das centrale Gebirge erstreckt sich in seiner nördlichen Hälfte als einfache Kette mit kurzen Ausläufern, welche die Ursprünge der Flußthäler begleiten,

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_226.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)