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als in der russischen Karte geschehen ist, zu bestimmen. Hätte der Zeichner von Serbien in der Scheda’schen Karte die angeführten Reiseberichte von Pirch, Boué, Viquesnel, v. Herder, Denton, Kanitz u. a. gelesen, hätte er die allerdings theilweise rohen und unvollkommenen, aber doch aus genauerer Landeskenntniß hervorgegangenen und in vielen Punkten durch jene Berichte bestätigten in Belgrad erschienenen Karten, die des ganzen Landes von Milenkowitj (1852) und die in der Zeitschrift Glasnik enthaltenen Specialkarten einzelner Kreise (Požarevatz von Medovitj 1850, Kraina von Ptschelar 1856, Užice von Obradowitj 1858, Knjaževatz von Markowitj 1866) verglichen, so mußte er sich überzeugen, daß die russische Karte nicht so viel Vertrauen verdiente, um unverändert copirt und mit Phantasieterrain ausgefüllt zu werden[1]. Am unzuverlässigsten und völlig unentwirrbar bei durchgehendem Widerspruch zu den serbischen Karten und den wenigen veröffentlichten Routiers zeigt sich in derselben der offenbar nur aus ganz flüchtigen Notizen und Erkundigungen combinirte südwestlichste Theil Serbiens gegen die bosnische Grenze hin, namentlich der ganze Kreis Užice; diese Partie ist, wie es mit unvollständig erkundeten Gegenden zumal weniger geübten Kartographen durch Ueberschätzung der Distanzen ohne hinreichende Berücksichtigung der Terrainbeschaffenheit leicht passirt, im Entwurf der Russen um ein bedeutendes zu groß ausgefallen und damit der die Grenze zwischen Bosnien und Serbien bildende Lauf der Drina, an welchem die russische Karte abbricht, zu weit nach Westen und besonders nach Südwesten verschoben. Gleichwohl ist in der Scheda’schen Karte diese irrige westliche Verrückung gegen das russische Original noch um etwa 1/8 Grad vermehrt, offenbar im Vertrauen auf die absolute Zuverlässigkeit der von russischen Officieren bei derselben Gelegenheit gemachten und von Struve berechneten astronomischen Beobachtungen, obwohl dieser Astronom selbst mehrere der in Serbien bestimmten Längen, darunter namentlich die des westlichsten Beobachtungspunktes, Swoidrug an der Drina, als um etwa 1/6 Grad unsicher bezeichnet hat. Es war also kein Grund, in Widerspruch mit itinerarischen Angaben, die der österreichische Kartograph ignorirt, das unsichere Resultat jener Berechnung (nach meiner Erfahrung in Folge von Combination aller erreichbaren Elemente scheint es um wenigstens ¼ Grad falsch zu sein) als maßgebend zu betrachten und den ganzen Drinalauf bis zu dem einzigen völlig feststehenden Punkte seiner Mündung in die Save in eine falsche Hauptrichtung (SSW.–NNO. statt SN.) zu verzerren, unter mannigfacher Entstellung seiner Details, indem gegen alle vorhandenen Distanzangaben der obere Lauf auffallend in die Länge gezogen, der untere zwischen Zwornik und der Mündung dagegen ungebührlich verkürzt worden ist: Fehler, die von einem die Mühsal der Prüfung und Combination aller vorhandenen Quellen nicht scheuenden Arbeiter wohl hätten können vermieden werden,


  1. Wir sind begierig zu erfahren, wie sich zu den genannten, nur als erste Versuche Beachtung verdienenden Vorgängern, die neue Karte des Landes von Herrn Jowanowitj (leider immer noch nicht auf wirklicher Vermessung beruhend), verhalten wird, deren baldiges Erscheinen uns von Freunden in Belgrad angekündigt wird, nachdem eine andere viel umfangreichere und in Zeichnung schon vor längerer Zeit vollendete von Herrn Alexitj (Maßstab angeblich 1:168,000) aus uns unbekannten Gründen aufgegeben zu sein scheint.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_273.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)