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Sind sie zu Hause, so schwatzen sie, streiten in Wort und That und berathen Plünderzüge gegen Fezān, die Tuareg oder andere Tibbustämme, die sie in Gestalt von nächtlichen Ueberfällen und Diebereien ausführen. Bei dieser wirklich nationalen Beschäftigung werden sie von ihrer nüchternen, zähen Natur, ihrer körperlichen Gewandheit und ihren herrlichen Kameelen wesentlich unterstützt.

Den Hauptverkehr unterhalten sie mit Fezān und mit Kauar, und besonders ist ihnen der mit dem ersteren Lande fast unentbehrlich. Kauar ist ihnen ein zu unsicheres Land, zu sehr ausgesetzt den Ghazien der Uelād Slimān, der Tibbŭ Goraʿan und Dāza und zu abhängig von den Tuareg Kēl-owi, um sicher auf seinen Markt und seine Einwohner zählen zu können. Ackerbau-Producte liefert Kauar überdies gar nicht; die Datteln sind von sehr mittelmäßiger Qualität, und der Markt in Kleiderstoffen ist unsicher und mäßig versorgt. Fezān im Gegentheil mit seiner ausgedehnten Dattelbaumzucht und der ausgezeichneten Qualität seiner Früchte, seiner regelmäßigen Einfuhr von Chām von Tripoli her, von Bornu- und Sudān-Stoffen und seinem sicheren Absatz der unbedeutenden Landesproducte Tibesti’s, ist ihnen absolut nothwendig geworden. Dies erkennen die Tibbu Rešāde, die des Verstandes nicht ermangeln, sehr wohl an, und wenn in den Mißhelligkeiten, die in neuester Zeit zwischen Fezān und Tibesti herrschen, die Tibbu langsam nachgeben werden, so geschieht dies wahrlich nicht aus Furcht vor der jämmerlich kraftlosen Local-Regierung zu Murzuk, sondern aus dem Bewußtsein, daß sie materiell zu sehr von ihrem natürlich begünstigteren Nachbarlande abhängen, um eine lange anhaltende Unterbrechung der Relationen ertragen zu können.

Als Verkehrs- und Tauschmittel galt bisher der Chām. Mit ihm kaufte und verkaufte man Datteln, Ziegen, Toben, Kameele, Sklaven. In neuester Zeit hat sich der Maria-Theresien-Thaler – Butēïr oder Reāl – auch hier eingebürgert und ist jetzt sehr gesucht. Bei der Abwesenheit von kleiner Münze hilft man sich durch die Zerschneidung der Thaler, die ich bis zur Viertheilung beobachtet habe. – Das Stück (Makta) Chām kostet zu Murzuk ungefähr 3 Butēïr und hat circa 44 Draʿa. In Tibesti kamen zur Zeit meiner Anwesenheit 8 Draʿa einem Butēïr gleich, was den Preis der ganzen Makta auf 5½ Butēïr bringt. – Ein gutes Kameel, dessen Werth identisch ist mit dem eines halbwachsenen Sklaven, den man stets in Kauar dagegen eintauschen kann, kostete 30–40 Thaler, war also theurer als in Fezān, was sich wohl durch die früher erwähnte sehr mäßige Gesammtzahl von Kameelen in Tibesti erklärt. Wenn ich erwähne, daß ich eines Tages einen Bewohner Borgu’s in Unterhandlung mit Arami traf, in dessen Gewalt und Schutz wir zu Bardaï waren, über den

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 298. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_298.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)