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man die Sklaven geradezu einer continuirlichen Hungerkur, welche den aus den üppigen Ländern des Sudān Kommenden um so empfindlicher sein muß. Den Luxus von Kleidern erlaubt man ihnen ebenfalls sehr selten; ein Stückchen Baumwollenstoff oder Leder mit der Bestimmung des paradiesischen Feigenblattes und kaum viel größer, muß ihnen genügen, und führt die für Kälte so empfindlichen Negerorganismen im Verein mit dem Hunger oft einem schleunigen Tode entgegen. Manche Herren führten mir ihre Sklaven als krank zu, die in der That nur auf dem Wege des langsamen Verhungerns in Folge unzureichender und ungeeigneter Nahrung waren.

Ein denkender Sklave muß in Tibesti zur Verzweiflung getrieben werden. Hat er in anderen Ländern einen bösen Herrn, so hält ihn die Hoffnung aufrecht, in die Hände eines wohlwollenderen überzugehen oder im Nothfalle davonzulaufen. Aus dem Lande Tu giebt es keine Rettung; hier endet seine Hoffnung und sein Leben. Entlaufen ist sicherer, schneller Tod in der Wüste ohne Weg und Steg; Bleiben ist eine endlose Reihe von Leiden und oft nur langsamer Tod. Doch so sehr widerstrebt gewaltsame Vernichtung der menschlichen Natur, daß sich die Armen in stumpfer Resignation meist dem letzteren Schicksale ergeben. Indessen sind auch Fälle bekannt, wo diese Unglücklichen, wenn die Tibbu Rešāde sie in Kauar gegen Kameele eintauschten, sich aus Verzweiflung das Leben nahmen, obgleich sie sich doch sonst mit einer uns unverständlichen Ergebung und Leichtigkeit in jede Gestaltung ihres Schicksals fügen. So allgemein ist die Furcht vor der Sklaverei bei den Tibbu; und wer sie in der Nähe beobachtet bat, versteht die Todeswahl der bemitleidenswerthen Opfer.


Sprache der Tibbu Rešāde – mōdi (Tedā).

Es kann mir nicht in den Sinn kommen, hier eine Analyse der Tedā-Sprache in Bezug auf ihren Ursprung, ihre Verwandschaften, ihre Ausbildung geben zu wollen. Mir würde hierzu, selbst wenn ich einen hinlänglich tiefen Blick in ihren Bau gethan hätte, die vergleichende Kenntniß anderer nord- und centralafrikanischen Sprachen und der altegyptischen fehlen.

Ich begann meine Studien damit, das Vocabularium des hochverdienten Barth an Ort und Stelle zu controliren und hier und da zu vervollständigen, und als ich diese sichere Grundlage gewonnen hatte und auf ihr fortzubauen hoffte, unterbrach die feindselige Aufnahme, welche mir in Bardaï zu Theil wurde, meine Studien. Ich beschränke mich also hier auf einige Bemerkungen über die von Barth gefundene Verwandschaft der Tedā-Sprache mit dem Kanuri und über die Folgerungen, die er daran für die ethnographische Stellung der

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_303.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)