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Ruthen, auf welchen die zur Nahrung bestimmten Zweige des Maulbeerbaumes ausgebreitet werden. Zur Ernährung von sechs Solotnik (ca. eine Unze) Würmer bedarf es der Blätter von 25 Bäumen mittlerer Größe. Die Würmer erreichen hier Dimensionen, die weit bedeutender sind als die der Japanesischen. Es giebt in Samarkand Gesellschaften von Iraniern, geschickten Spinnern, welche nach der Ernte eine Rundreise bei den Eigenthümern machen und gegen eine Vergütigung deren Cocons spinnen; diese Gespinnste werden dann später an Industrielle verkauft, welche dieselben verweben. Die von den Weibern gesponnene Seide ist von geringerer Qualität. – In Scherisesebs, dem Geburtsort des großen Timur, spinnt man die Cocons in ähnlicher Weise; dort soll es die besten Cocons geben, und man versicherte mir, daß ganze Körbe voll rosafarbener Cocons auf dem Bazar von Samarkand von dorther gebracht würden. Diese Stadt ist der Verkaufsplatz für die Cocons, wie für die daraus verfertigte Seide. Die Masse der auf den Bazars feilgebotenen Cocons kann ich nur im Ganzen angeben. Der Bazar für frische Cocons findet am Sonntag und Mittwoch in Samarkand statt, und zwar im verflossenen Jahre auf dem Mahomet-Kharim-Seraï genannten Platze, wo während vier Wochen ein ungemein reger Verkehr herrschte. Nach den officiellen Angaben im J. 1869 über den Verkehr auf den Bazars von Samarkand, Dahabit, Dahulf, Jane-Kurgan und Tschelek erhielt man den Seket (Steuer) nur von 908 Pontes[1] und 89 Pfund Cocons. Ich vermuthe jedoch nicht ohne Grund, daß die Zahlen weit hinter der Wirklichkeit zurückstehen, denn der Steuerdienst kann in dieser neu eroberten Provinz unmöglich schon so gut organisirt sein, daß es nicht dem schlauen Sarten gelingen sollte, einen guten Theil der Steuer zu unterschlagen. Und daß dem in der That so ist, beweisen die Steuern des Jahres 1867, dem letzten der Herrschaft des Emir, in welchem 300 Pontes Seide auf den Markt kamen. Der Krieg vom Jahre 1868 hatte freilich das Abhalten der Bazars verhindert; da aber nach der Aussage Aller sich die Seidencultur ungemein gehoben hat, so dürften die Fehler in den officiellen Angaben für 1869 deutlich hervortreten. Nach einer Berechnung der Geschäfte, welche auf den städtischen Bazars gemacht werden, und welche auf Angaben basirt, die ich einem intelligenten, mit diesen Geschäften vertrauten Sarten verdanke, schließe ich auf einen Durchschnittsverkauf von fast 6000 Pontes, indem ich die von dem Sarten angegebenen Durchschnittspreise annehme; nehme ich hingegen die russischen Durchschnittspreise an, so würde sich der Verkauf auf durchschnittlich 5000 Pontes herausstellen. Alle diese Daten beziehen sich nur auf


  1. Wahrscheinlich Ballen à 7 Pud.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 416. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_416.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)