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Die Opposition, die sich in England eine Zeitlang gegen den Suez-Canal zeigte, war mehr politischer Natur, theils in Folge der Abneigung Lord Palmerston’s, der französischen Gesellschaft die ihr anfangs zugesagte Provinz auf dem Isthmus zu überlassen, theils aus seinem Protest gegen erzwungene Arbeit und also gegen die mit so großen Geldopfern anderswo bekämpfte Sklaverei. Die ungünstige Meinung, die der berühmte Ingenieur Robert Stephenson äußerte, richtete sich gegen die Schwierigkeit des Unternehmens, und diese liegt nicht in der Unmöglichkeit der Vollendung (da die jetzige Technik für derartige Werke keine Unmöglichkeiten mehr kennt), sondern in den hohen Kosten der Instandhaltung. Von diesen wird das fernere Schicksal des Suezkanals abhängen, und also von seiner Rentabilität, da er, wenn die Einnahmen die Ausgaben decken, bestehen mag, sonst aber verfallen muß. Der Suezkanal ist ein Product der Menschenkunst gegen den Willen der Natur, denn diese, wie sie in den Bitterseen als mehr und mehr verschwindenden Resten des früheren Meerzusammenhanges, sowie in den Alluvialanschwemmungen des Nils längs der Küste bis zur Bai von Pelusium zeigt, hat eine Landenge beabsichtigt, keinen Wasserkanal, wie er jetzt geschaffen ist. Daß der Mensch in solchen Streitfragen mit der Natur seine Pläne gegen die deutlichste Abneigung dieser letztern durchzusetzen vermag, beweist er in seinen Eisenbahnbauten tagtäglich, er wird indessen immer auf desto größere Anstrengungen seinerseits gefaßt sein müssen, je mehr die Richtung derselben dem Naturgange widerstrebt. Für die Unterhaltungskosten des Suezkanals ist deshalb von vornherein die höchste Ziffer anzusetzen, und die Frage stellt sich nun einfach so, ob unter diesen hohen Unterhaltungskosten und den dadurch bedingten Tonnengeldern der Großhandel es vortheilhafter finden wird, seine Waaren zu Schiff durch den Canal oder durch die Bahn über denselben zu schicken, oder sie lieber um das Cap zu transportiren. Der Kleinhandel kann ziemlich außer Frage bleiben, da er (obwohl zweifelsohne durch den Canal vermehrt) nie lebhaft genug werden kann, um ein bedeutendes Quotum der Ausgaben zu decken; denn weder die öden Küsten Aegyptens, noch die Arabiens, das seine Handelsbeziehungen ohnedem mit dem persischen[WS 1] Golfe theilt, können kräftigere Anziehungspunkte bieten, und eine Wiedererweckung sabäischer Verkehrsmärkte in Yemen ist undenkbar, da ihre Blüthe nur durch die Nothwendigkeit von Stapelplätzen hervorgerufen war, ehe die Monsune gekannt, oder doch benutzt waren. Für den möglichen Einfluß des Suezkanals auf den Großhandel kommt zunächst in Betracht, daß seine Befahrung die Beihülfe der Dampfkraft erfordern wird, um sich vortheilhaft zu beweisen, denn mit der vervollkommneten


  1. Vorlage: persichen
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 503. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_503.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)