Seite:Zeitschrift des Vereins fuer Volkskunde 19 301.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

von der Erde zu fressen. Ihr Schluss stimmt mit dem der früher wiedergegebenen jaakkimaschen Variante überein, nur ist die Zahl der Hennen in der letzteren 40.

Eine Fassung aus dem Kirchspiele Ruskeala[1] in Län Wiborg und eine andere aus dem Kirchspiele Mouhijärvi[2] in Län Åbo und Björneborg weichen darin von den übrigen finnischen Varianten ab, dass sie nichts von dem Fallen des Baumes und der Geldkiste noch von den Vorbereitungen des Mannes auf den Tod erzählen. In der ersteren erfahren wir, wie der Mann nach der Erlernung der Sprachen von einer aus dem Feuer geretteten Maus (statt Schlange) aus dem Gespräch seiner Hunde vernimmt, dass seinem Hause eine Gefahr droht. Ebenso hört er aus dem Bericht des Hundes, der nach Hause gegangen war, an den anderen Hund, wie jener den Anschlag der Räuber durch sein Gebell vereitelt und wie ihn die Herrin aus Ärger über sein Bellen mit dem Fusse getreten hatte. Als der Mann dann nach seiner Heimkehr seine Frau fragt, warum sie den Hund getreten habe, wird diese böse, da sie meint, ihr Mann habe sie in der Nacht heimlicherweise beobachtet. Das Märchen endigt mit der Erzählung von einem Hahn, der seine neun Hennen züchtigt und sich wundert, dass sein Herr seine eine Frau nicht in Zucht halten kann. In der anderen Variante ist das aus dem Feuer gerettete Tier wieder eine Schlange; aber diese lehrt den Mann die Sprachen nicht selbst, sondern dies tut ein Fuchs, zu dem sie den Mann bescheidet. Als der Mann durch seine Hunde von den Dieben hört, eilt er selbst nach Hause, verjagt die Diebe und sagt zu seiner Frau, er könne die Sprachen der Tiere, die er jedoch anderen nicht zu erklären wage, da er sonst seine eigene Fähigkeit verliere. Die Frau versucht sie ihm zu entlocken, aber da ruft der Hahn dem Manne aus dem Fenster zu: „Schlechter Mann, ich kann 40 Hennen regieren, du nicht eine Frau.“ Der Mann verrät denn auch seine Kunst nicht.

Die beiden übrigen Varianten sind nahe mit der ersten ruskealaschen Fassung des Märchens verwandt, obwohl sie im Vergleich mit den anderen finnischen Varianten freier erscheinen. Die erste von ihnen ist im Kirchspiele Maaninka[3] in Län Kuopio aufgezeichnet. Der Held dieses Märchens ist der jüngere Sohn eines reichen Gehöfts. Als er einmal auf der Jagd ist, erwacht er mit einer neunköpfigen Schlange auf der Brust, die ihn bittet, eine zwölfköpfige Schlange zu schiessen. Der Junge tut es und erhält zum Lohn die Sprachen der Tiere, Bäume usw. Alsdann folgt eine Erzählung von zwei Bäumen: unter den Wurzeln des einen liegt eine Geldkiste, der andere fällt auf ein gehörntes Tier. Zu Hause angekommen, leiht sich der Junge von seinem älteren Bruder ein Scheffelmass, um die Goldstücke zu messen, und lässt einige Geldstücke auf dem Boden des Masses zurück. Er hört einmal den Hahn die Hennen ausschelten und lacht darüber. Die Frau des Bruders glaubt, der Junge lache über sie, und klagt es ihrem Manne. Der Junge soll am folgenden Tage auf einem Heuschober verbrannt werden, aber er springt auf den Rat eines Raben von dem Schober herunter und entflieht in die weite Welt.

In der anderen Variante, die ausserhalb der Grenzen Finnlands, in Ingermannland[4], zu Hause ist, sind es drei Brüder und zwei Schlangen, die geschossen werden sollen, beide mit nur einem Auge. Der Gang der Erzählung ist sonst derselbe wie in der vorhergehenden Variante, nur fehlt die Episode vom


  1. Handschrift Olsoni, Nr. 22.
  2. Handschrift Laine 4, Nr. 35.
  3. Handschrift Lilius 3, Nr. 252.
  4. Handschrift Saxbäck, Nr. 50.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte (Hrsg.): Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 19. Jahrgang. Behrend & Co., Berlin 1909, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_des_Vereins_fuer_Volkskunde_19_301.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)