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5.
     Dozivaše mrtva Bojičića:

– Bojičiću, mlad gospodičiću!
je l ti teška zemlja na prsima?
je l t obična kuća viječnica?
je l studeno pod glavom kamenje?

10.
je 1 ti kuća vodu propustila?

     Iz mehzara junak progovara:
– Odbih mi se kukavice sinja!
Obična je kuća viječnica;
nije hladno pod glavom kamenje;

15.
nije kuća vodu propustila,

već je mene vlaše dotužilo
svako jutro meni dolazeći.
     Sve mi igra vranca po mehzaru
a zabada kopje u mehzara

20.
pa on tura puške dvije male

a zaziva mene na mejdana.
Mrtve pleći ne mogu se sjeći,
ruke mrtve mejdan ne dijele.
     Bogom sestro kukavice sinja!

25.
Poslušaj me, na eski Kladušu

tankoj kuli Muje i Halila.
Ponesi im molbu od Halije,
ne bi koji dikat učinijo,
pred Gavrana na mejdan izišo

30.
izrad hatra mrtva Bojičića.

I Haljo je njima trebovao!
     Kat to začu kukavica sinja,
krila savi, ode nis planinu.
Dolećela na eski Kladušu

35.
na bijelu Hrnjičinu kulu.

Kako pala birdem zakukala.
     A začu je Mustafaginica.
     Bješe mlada na bijeloj kuli;
preda se je džerdžef rasturila

40.
i bijelo platno razapela.

     U ruke joj igla od biljura
i u igli žica vedenika;
veze zlatno po bijelu platnu.
     Kako začu kukavicu sinju,

45.
ot sebe je džerdžef oturila,

od merdžana noge izlomila.
     Ona spade na mermer avliju
a pogleda kuli uz bojeve;
dok opazi kukavicu sinju,

50.
na nju rukom i rukavom mahnu.

      Ovako joj mlada govoraše:
– Bog tubijo kukavico sinja!

5.
     Es rief den toten Bojičić der Vogel:

– O Bojičić, o junger Edelknabe!
wiegt schwer die Scholle dir auf deinem Busen?
ist’s dir im Ewigheim geworden heimlich?
und frösteln unterm Haupte dich die Steine?

10.
und lässt dein Heim das Wasser schon durchsickern?

     Es hallt des Helden Antwort aus dem Hügel:
– Von hinnen sput dich, grauer Kuckucksvogel!
Im Ewigheim befänd’ ich mich schon heimisch
und leicht ertrüg ich’ des Gesteins Gefröstel,

15.
auch lässt das Heim kein Wasser noch durchsickern,

nur ist mir unerträglich der Walache,
der heim mich sucht an jedem lieben Morgen,
den Braunen stets auf meinem Hügel tummelt
und mit dem Speer mir in dem Hügel stochert,

20.
aus zwei Pistolen in das Grab mir feuert

und mich hervorruft „Auf zum Waffengange!“
     Ein toter Rücken kann sich nimmer bücken
und tote Hände führen keinen Degen!
     Sei mir durch Gott verbrüdert grauer Kuckuck!

25.
erfüll’ mein Flehen, zieh nach Alt-Kladuša

zu Mustapha’s und Halil’s schlanker Warte,
bring’ ihnen mit Haline’s letzte Bitte;
leicht ist von beiden einer gottgefällig
und tritt vor Gavran hin zum Waffengange

30.
dem toten Freunde Bojičić zuliebe:

auch ihnen diente oft Halinchens Degen.
     Als dies der graue Kuckuck that vernehmen,
bog er die Flügel, flog’s Gebirge abwärts
und flog und flog hinab nach Alt-Kladuša,

35.
hinab auf Hasenschartes weisse Warte.

Kaum fiel er nieder, hub er an zu kucken.
     Den Ruf vernahm die junge Mustaphagin;
es sass die junge Frau auf weisser Warte,
hielt vor sich aufgestellt ein Stickgestelle,

40.
auf das sie aufgespannt die weisse Leinwand;

in ihrer Hand die Nadel aus Kristallstein
und in der Nadel venezianer Faden;
sie stickt in Gold auf weisser Leinwand Blumen.
     Kaum schlägt des Kuckucks Ruf ihr an die Ohren,

45.
so stösst sie weg von sich das Stickgestelle,

zerbricht vor Schreck den Ständer des Gestelles,
den Ständer, der verziert ist mit Korallen.
     Schon ist sie in dem Marmorhofe unten.
sucht mit den Blicken ab der Warte Werke,

50.
bis sie den grauen Kuckuck dort gewahrte.

     Mit Hand und Ärmel will sie ihn verscheuchen.
So sprach der Mund der jungen Frau zum Kuckuck:


Empfohlene Zitierweise:
Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_276.png&oldid=- (Version vom 7.4.2024)