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jera kukaš na bijelu kulu
u sred zime, kat ti vakta nije?

55.
Te mi kobiš agu Mustafagu

i djevera gojena Halila
i Omera sina jedinika?
     Je da Bog da i svi božji sveci,
te ti svoju iskobila glavu!

60.
      Vjera ti je tvrgja ot kamena,

ako odem na bijelu kulu,
uzmem pušku djevera Halila,
živo ću ti srce izgoreti,
tanke ću ti noge salomiti

65.
a lahka ti krila izgoreti!

      Progovara kukavica sinja:
– O kaduno Mustafina ljubo!
ne kobim ti serdaragu Muju
ni djevera gojena Halila

70.
ni Omera tvog jedinog sina,

već sam, hanko, jedna poslanica
ot Kunara visoke planine
od mehzara Bojičić Halina.

      Halija je mene opravijo

75.
i Muji je selam opravijo.

agi Muji i bratu Halilu,
ne bi li se koji opremijo,
da izigje na Kunar planinu,
kod Halina zelena mehzara

80.
pričekaju Gavran Kapetana

da sa šnjime podijele mejdan.

      Jera mu je silan dotužijo
svako jutro njemu dolazeći
po mehzaru vranca igrajući,

85.
zovući ga na mejdan junački.


      Mrtve pleći ne mogu se sjeći,
iz mehzara ne ustaju mrtvi.

      Već Halija mene opravijo,
molijo se Muji ja Halilu,

90.
ne bi li se koji opremijo,

pa izišo na Kunar planinu,
da pričeka Gavran kapetana,
da se šnjime podijeli živo
porad hatra Bojičić Halina.

95.
I njima je junak trebovao.


      To izreče sinja kukavica,
savi krila, ode us planinu
a Mujina uz bojeve ljuba
pa kazuje Muji i Halilu.

– Es töt’ dich Gott, du grauer Kuckucksvogel!
was kuckst du da auf dieser weissen Warte

55.
zur Unzeit in der Zeit der Wintersmitte

und kündest Unheil meinem Mustaphaga
und meinem schmucken Hochzeitsführer Halil
und meinem Omer, meinem einz’gen Kinde?

      O gäb’ es Gott und alle Heil’gen Gottes,

60.
du mögst dem eignen Haupt das Unheil künden!


      Bei meinem Wort, das fester als ein Stein ist,
eil’ ich zurück auf meine weisse Warte
und nehm’s Gewehr von meinem Führer Halil,
so brenn’ ich dir dein lebend Herz zusammen,

65.
zerbreche dir sogleich die dünnen Beine

und brenne dir die leichten Flügel nieder!

      Zur Antwort gibt der graue Kuckucksvogel:
– O Edelfrau, o Mustaphas Gemahlin!
Mit nichten künd’ ich Mustapha ein Unheil,

70.
auch nicht dem schmucken Hochzeitsführer Halil,

und Omer, deinem einz’gen Sohn, mit nichten.
Ich bin vielmehr, o Edelfrau, ein Bote
aus Kunar, aus dem schroffen Hochgebirge,
vom Grabeshügel Bojičić Haline’s.

75.
     Mich hat Haline selber abgesendet,

an Mustapha den Friedensgruss entboten,
an Aga Mujo und den Bruder Halil,
vielleicht, dass einer auf zum Kampf sich rüste
und auf das Kunarhochgebirge stiege

80.
zum grünen Grabeshügel Held Haline’s,

und harre ab das Nah’n des Hauptmanns Gavran,
um einen Waffengang mit ihm zu machen.

      Der Frevler ist ihm längst zu Last gefallen;
er sucht ihn heim an jedem lieben Morgen

85.
und tummelt auf dem Grabe seinen Braunen

und ruft ihn auf zum Heldenwaffengange!

      Ein toter Rücken kann sich nimmer bücken,
aus Gräbern stehen nimmer auf die Toten.

      So hat Haline mich denn abgesendet

90.
und bitten lässt er Mustapha und Halil,

es möge einer auf zum Kampf sich rüsten
und auf das Kunarhochgebirge steigen,
um Hauptmann Gavrans Nahen abzuwarten.
um einen heissen Strauss mit ihm zu fechten,

95.
dem Freunde Bojičić Halin zuliebe.

Auch ihnen diente einst der kühne Degen.

      So that der graue Kuckuck kund die Meldung
und bog die Flügel, flog ins Hochgebirge,
doch Mujo’s Liebste auf die Oberwarte

100.
und meldet’s wieder Mujo und Halilen.


Empfohlene Zitierweise:
Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_277.png&oldid=- (Version vom 7.4.2024)