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ebensowenig etwas denkt, als wenn bei uns ein Jude ,Hilf Himmel!‘ oder ,0 je‘ (O Jesus!) ausruft.

V. 62. Djever = Brautführer. Die Brautführerschaft ist das Vorrecht des jüngeren Bruders. Der Schwägerin gegenüber, die ihn zeitlebens mit dem Namen ,Brautführer‘ ansprechen muss, tritt er in das Verhältnis der Wahlverschwisterung. Vergl. Krauss: Sitte und Brauch der Südslaven. S. 382 f. und 608.

V. 81. sa šnjime = mit, mit ihm. Das sa ist nur ein Füllsel.

V. 101. Bei abendländischen Rittern galt weinen als weibisch und schimpflich, der Slave dagegen schämte sich nicht seiner Rührung.

V. 105. Kopile = Bastard, eines der ärgsten Schimpfwörter, mit welchen sich im Süden die Slaven zu regalieren pflegen. In einem Liede unserer Sammlung streiten zwei montenegrinische Helden über den Angriffsplan. Der eine, ein berüchtigter Bandenführer Namens Paun (Pfau) schimpft seinen Waffengefährten Vuk (Wolf):

Du bist ein Bastard, Vuk von Trebješije,
du bist kein Held, stammst auch nicht ab von Helden,
und nimmer taugtest du für unsre Berge.

Darauf erwidert Vuk;

Ei Paun, Führer des Piperi-Stammes!
du bist ein Bastard, stammst von einem Bastard
und Bastardssohn war auch dein Bastardvater.

Die Steigerung des Schimpfwortes lautet: pasije Kopile (Hundes-Bastard). Vergl. Krauss: Smailagić Meho. S. 99 ff.

V. 110. Echte Brüder sind nach des Südslaven Anschauung, nur die von einer Mutter geboren sind. Auf den Vater kommt es weniger an.

V. 114. Kurvić bedeutet sowohl den Sohn einer H… als eines ausschweifenden Menschen, der sich mit feilen Dirnen abgibt.

V. 127. Ein Bulgarenmantel ist ein bis zum Boden dem Manne herabreichender, ärmelloser Überwurf aus schwerem weissen Tuch.

V. 147. Sabor srcu, wörtlich: gib dem Herzen Ratschlag.

V. 152. junačku sreću τύγην ανδρείαν, die Fortuna des Helden. Vergl. Krauss: Sreća. Glück und Schicksal im Volksglauben der Südslaven. Wien 1886. S. 72–76.

V. 161. čakot, (strepitus ungularum, Getrappe, Getöse) ein gut slavisches Wort, findet sich noch in keinem, nicht einmal im grossen Wörterbuche der südslavischen Akademie verzeichnet.

V. 170. ture für Turčine (o Türke) verächtlich, wie vlaše V. 16.

V. 184. gjidijo (türk.) Hahnrei, einer, dem die Gattin, wie wir, ursprünglich nach griechischem und römischen Muster, zu sagen pflegen, Hörner aufsetzt. Der Südslave kennt diese Redensart nicht. Der mohammedanische Slave tötet die ertappte Ehebrecherin und ihren Buhlen, der katholische, kroatische Bauer in Slavonien, zwingt dagegen nicht selten sein Weib, anderen Leuten sich preiszugeben, damit sie ihm einen neuen Hut oder Opanken kaufe. Der Mohammedaner ernährt sein Weib, der kroatische Katholike lässt sich aber gewöhnlich von seinem Weibe erhalten.

V. 186–217. Die übliche Eröffnung eines Zweikampfes, Vergl. Krauss: Die Wahlbrüder, Vers: 470–584. Erst wenn das Wettrennen und Speerwerfen den Kampf nicht entscheiden konnte, griff man zu Schwert, Streitkolben, und endete, wenn es nicht anders anging im Ringkampf, bei dem man sich jede List gestattete.

V. 192. bakva erläutert das südsłav. akadem. Wörterbuch ungenau mit: statio jaculantium saxa. Slavonische Märktefahrer nennen den eisernen Rammstock, mit welchem sie die Gruben für die Hüttenstangen ausgraben, bakva. Unsere Duellanten rammten oder gruben in beträchtlichem Abstande von einander zwei Pfähle in die Erde ein. Danach postierten sie sich jeder bei einem Pfahl, und wie es in den Wahlbrüdern V. 565 heisst:

,pik‘ rekoše pa se potekoše
sie sagten pik und dann begann das Rennen.

V. 218. Eine Drachme wiegt einen Dukaten schwer. Gold und Silber wird bei den Orientalen nach Drachmen gewogen.

V. 225. setra und pantola finden sich noch in keinem Wörterbuche. Pantola ist Pantalon, die Hose.

V. 226. Man hat sich beide Ritter mit Panzerhemden bekleidet vorzustellen. Der orienta- lische Krummsäbel ist eine Hiebwaffe. Nachdem die Säbel an den Panzern ganz schartig

Empfohlene Zitierweise:
Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_283.png&oldid=- (Version vom 9.4.2024)