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Harst hätte diese Nachricht nie vermutet. Also Helene Burg machte sich aus dem Staube! – Er hatte sie durch Schraut und den Jungen abwechselnd bewachen lassen, um dahinter zu kommen, mit wem sie verkehrte. Und nun reiste sie ganz plötzlich ab, nachdem er gerade kurz vorher Margas Zimmer durchsucht hatte! Ob er dabei etwa von ihr durch das Schlüsselloch beobachtet worden war? Möglich war’s schon! Er hätte das Schlüsselloch verhängen sollen. Nun – diese plötzliche Fahrt nach ihrer Heimatstadt, wo ja auch ihr Verlobter wohnte, war vielsagend genug.

Harst erteilte Schraut nun den Bescheid, er würde ihm seinen eigenen kleinen Koffer und eine größere Geldsumme durch Karl nach dem Stettiner Bahnhof schicken. „Bleiben Sie ihr also auf den Fersen, Schraut! Und sobald Sie etwas Wichtiges festgestellt haben, sofortige Nachricht durch Ferngespräch. – Auf Wiedersehen – guten Erfolg!“

Dann rief er die Präsidentin an. – „Liebe Mama, eure Helene wollte mir die Adresse einer guten Handschuhwäscherin geben –“ – – „Schade, lieber Harald. Sie ist vor anderthalb Stunden auf eine Depesche hin, daß es ihrem Verlobten schlechter ginge, nach Pasewalk Hals über Kopf abgereist. Ich habe den Eindruck, daß sie nicht mehr zu uns zurück will, und werde mich daher leider nach Ersatz umsehen müssen.“ – „Hat sie Dir die Depesche gezeigt?“ – „Nein. – Und – merkwürdig! – Vorhin vertraute mir Marie an, daß sie dieses Telegramm für lediglich erfunden hielte. Du scheinst ja auch diesen Verdacht zu hegen.“ – „Vielleicht, Mama. – Wiedersehen.“

Frau Auguste Harst hatte all dies mitangehört und meinte nun ganz verwirrt:

„Junge, hältst du etwa das Stubenmädchen für – für die Mörderin?“

„Aber Mutter! – Ausgeschlossen! Ich sage Dir schon zur rechten Zeit, wer mir mein Lebensglück vernichtet hat und – wen ich vernichten werde!“

Frau Harst eilte nach oben in die Küche an den geliebten Kochherd. Harald ging langsam in seine Bibliothek hinüber. Hier hing an der Wand ein Haustelephon, das nach dem Gärtnerhäuschen

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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/24&oldid=- (Version vom 1.8.2018)