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sagen, was dieser Herr gewollt hat?“ fragte Harst[1] weiter. „Ich nehme an, er wird Ihnen etwas zum Kauf angeboten haben.“

Birnbacher nickte wieder. „Halb und halb trifft’s zu, Herr Assessor. Er wollte etwas repariert haben. Als ich ihm dann jedoch erklärte, die Reparatur lohne kaum mehr, da sie sehr teuer werden würde, wurden wir schnell über den Verkauf handelseinig.“

„Und – was für ein Gegenstand war’s?“

Der Juwelier zog eine Schublade unter dem Verkaufstisch und legte das Betreffende auf eins der sammetbespannten Brettchen.

Harald Harst griff danach. Birnbacher sah, daß der Assessor für einen Augenblick die Farbe wechselte. Dann sagte Harst schon: „Was verlangen Sie dafür?“

Als der Assessor nun den Laden wieder verließ, hatte der Juwelier zweihundert Mark verdient. Daß Harst von ihm strengstes Stillschweigen über dieses gute Geschäft verlangt hatte, bewies ihm, daß mit dem langen Hageren irgend etwas nicht ganz in Ordnung war.

Harst stieg in der Tauentzienstraße in eine leere Taxameter-Droschke. Er hätte auch ein Auto bekommen können. Aber die langsamere Gangart der Droschke war ihm jetzt angenehmer. Sein Inneres war in einem Aufruhr wie nie zuvor. Niemals hätte er geglaubt, daß man gerade als Detektiv bei der Verfolgung einer zunächst recht unsicheren Fährte Minuten eines so alle anderen Empfindungen verdrängenden Triumphs durchkosten könnte.

Er zwang sich zur Ruhe. – Marga, Du wirst gerächt werden, dachte er. Noch schweben all diese Fäden, die ich gefunden habe, frei in der Luft. Aber ich halte sie bereits an dem einen Ende, und vielleicht kann ich sie sehr bald zu einem festen Gespinst vereinen, in dem dann eine mordgierige Wespe sich zu Tode zappeln wird. –

Die Wagenfahrt tat ihm wohl. Seine Gedanken eilten jetzt voraus zu seinen Schwiegereltern. Es würde nicht ganz einfach sein, von diesen unauffällig die Auskünfte zu erlangen, die er haben mußte. Er wollte Mildens noch nicht in seine


  1. Vorlage: Horst
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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/31&oldid=- (Version vom 1.8.2018)