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recht sauer machen würde, wenn – sie’s könnten, und das sich nun geteilt hat und getrennt seine dunklen Zwecke weiterverfolgen wird, nämlich Blenkner in Berlin und Bollschwing daheim in Szentowo, denn – der Güterdirektor sitzt vorn in einem Abteil 2ter dieses Zuges. Das ist vorläufig meine letzte Neuigkeit.“

Schraut-Schüler schaute etwas verlegen drein. „Neben Ihnen kommt man sich nicht gerade sehr geistvoll vor, Herr Harst,“ meinte er kleinlaut. „Sie haben ja bei der Ermittlung des Doppelmörders Menkwitz Vorzügliches geleistet, ich denke dabei besonders an das Taschentuch, aber – die jetzige „Arbeit“ scheint mir doch die feinere, besser durchdachte.“

„Oh – das soll sich erst herausstellen. Wir sind ja erst am Anfang. Warten wir die Fortsetzung ab. – Da ist auch der Fahrkartenschaffner –“ Er fragte diesen, ob sie nicht hier ein wenig Musik machen könnten, erhielt jedoch die Antwort, die Reisenden wollten nachts schlafen. Morgens – das wäre was anderes.

Harst hatte jedoch in diesem Falle falsch gehofft: trotz der Anbiederung mit den Reisenden sämtlicher Wagen vierter Klasse fand er dann keinen Mitfahrenden, der aus Szentowo oder der Nachbarschaft stammte.

Nachmittags gegen zwei Uhr traf der Zug auf der kleinen Station Malchin ein. Hier stieg auch Bollschwing, ein kräftiger, stattlicher Mann in den besten Jahren, aus und begab sich zu dem auf ihn wartenden leichten Jagdwagen, rief dem Kutscher zu, er solle nach dem Pommerschen Hof vorausfahren und ging dann zu Fuß in das Städtchen hinein, das sich zu beiden Seiten des Bahnhofs hinzog.

Bollschwing schritt sehr eilig dahin. Harst gab Schraut die Weisung, ihn in einer Kneipe, an der sie vorüberkamen, zu erwarten. Mit der Drehorgel auf dem Rücken hielt er sich stets einige dreißig Meter hinter Bollschwing, der bald eine Art Vorstadt betrat, deren Villengrundstücke sämtlich in einer Waldlichtung lagen und an den Forst grenzten. Das letzte Haus war des Güterdirektors Ziel. Es war von Tannen und Buchen dicht umgeben. Harst zweifelte nicht, daß es dasjenige des Schriftstellers Blenkner wäre. Nachdem er die Drehorgel

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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/59&oldid=- (Version vom 1.8.2018)