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Sie nur.“ – „Bisher ist alles durchaus verständlich, Herr Harst,“ versicherte ich. – „Gut – also weiter. Ich nahm mir Preßburger 5 den Hauswart vor. Es genügten zehn Mark seine Kehle zum Wasserfall zu machen, er beantwortete mir jede Frage und redete mehr als mir lieb war, denn für unnütze Worte bin ich nicht. So erfuhr ich denn, daß drei alleinstehende Damen in Nr. 5 möbliert vermieten. – Ahnen Sie, weshalb mich dies interessierte?“

Ich gab mir die redlichste Mühe, wenigstens ungefähr so schlau wie Harald Harst zu sein. Aber ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich abermals meine Unzulänglichkeit bewies, die Schultern fragend hob und schwieg.

Harst schüttelte den Kopf. „Unbegreiflich, lieber Schraut. Es ist doch so einfach! (Bei ihm ist alles selbstverständlich einfach, auffallend und klar!) So sehr einfach. Denken Sie doch an die – stärkere Beeinflussung!“ – „Aha – ganz richtig!“ sagte ich schnell. Dabei hatte ich keine Ahnung! – „Na also – die stärkere Beeinflussung: – Ich hatte sie mir so vorgestellt: Die beiden Reuperts haben in Nr. 5 einen Verbündeten wohnen, der sich mit Schmiedicke ebenfalls durch häufigere Geldempfänge so etwas angefreundet hat und der dem Postbeamten gegenüber dann am Mordtage, als dieser ihm wieder Geld auszahlt, wie zufällig erwähnt, die Reuperts müßten plötzlich abreisen und hätten gern den Betrag einer erwarteten Anweisung hier noch in Empfang genommen; vielleicht mache er mal eine Ausnahme und gehe sofort nach dem Hotel Sonnenschein, um die beiden Herren noch anzutreffen. Schmiedicke wird auf diesen Köder zu seinem Verderben angebissen haben, übersprang wirklich die zwischenliegenden Häuser und – verlor sein Leben einer Gefälligkeit wegen. – So, nun wissen Sie, weshalb ich den Hauswart von Nr. 5 zum Reden brachte. Ich suchte eben diesen Verbündeten der Reuperts. Und – ich fand ihn, wenn auch nicht persönlich, so doch genug von ihm, um mir zu sagen: Das ist er! – drei Damen vermieten möbliert. Als ich bei der zweiten, einem Fräulein Müller mit dem ganzen lächerlichen Gehabe

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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/99&oldid=- (Version vom 1.8.2018)