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Sklavenmoral

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Otto Ernst
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Titel: Sklavenmoral
Untertitel:
aus: Siebzig Gedichte
S. 95-96
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1907
Verlag: L. Staackmann
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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[95]
Sklavenmoral.


Mein Junge, du wirst zu treu und zu gut –
Fast möcht' ich dich wecken!
Ich seh's mit schwellendem Stolz – und ich seh's
Mit wachsendem Schrecken.

5
Dein Auge feuchtet ein keuscher Glanz

Wie Tau einer Blüte;
Es atmet durch deinen weichen Mund
Die träumende Güte.

Dir zuckt's um die Lippen bei fremdem Schmerz,

10
Und du willst ihn lindern –

Ein wunderbares, befremdliches Ding
Bei der Menschen Kindern.

Pass' auf, sie werden dich früh genug
Vor den Karren spannen;

15
Und hast du die Last zu Berge geschleppt,

Man hetzt dich von dannen.

Weh dir, wenn ein Gott in den Geist dir gelegt
Gewalt des Propheten –
Sie werden überbrüllen dein Wort

20
Und im Kot dich zertreten.


[96]
Du wirst sie mit blankem, sausendem Schwert

Zum Siege führen –
Dann aber wirst du dich krümmen im Staub
Vor ihren Türen.

25
Ich seh's um deine zarte Stirn

Wie Dornen und Blut –
Und ich reiße dich wild ans hämmernde Herz
In aufjubelnder Glut.