Sponsel Grünes Gewölbe Band 4/Tafel 36
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[112] Der Sturz des Luzifer. In der aus einem quergeteilten Zahnstück geschnitzten, reliefartig komponierten Szene von über hundert freischwebenden, jeweils stofflich verbundenen Figuren erkennt man als Hauptfigur St. Michael als Anführer der lobsingenden und musizierenden Engelschar, der mit dem erhobenen Schwert die Teufel in die Hölle jagt, wo der Drache den Schlund aufreißt, sie auszuspeien. In dem zuckenden Gewühl vielerlei Gruppen kämpfender Engel und erschreckter Teufel; ganz oben Gottvater und Christus mit der Weltkugel.
Die Schnitzerei steht auf einem geschweiften, mit Silberblech beschlagenen Sockel; darin eine mit vergoldetem Silber ausgeschlagene Nische mit der, in Koralle geschnittenen Gestalt einer liegenden Frau, die reich gekleidet, das Haupt auf den rechten Arm stützt, während sie die Linke über eine, aus Perlmutter gebildete Platte, wohl Wasser darstellend, ausstreckt. – Aus den Schnecken des Sockels erhebt sich ein Kranz von Blumen, Blüten und Blättern, in Silber getrieben, der die Gruppe umschließt.
Auf dem Sockel die Marken: NR – ein nach rechts gerichteter einköpfiger, gekrönter Adler mit den Buchstaben RVP. – SPC 42. – II. 131.
Eine ähnliche Arbeit mit etwas weniger Figuren im Nationalmuseum zu München (Berliner a. a. O. Nr. 440, Tafel 179). Diese trägt die Initialen des Wiener Bildschnitzers Jakob Auer aus Tirol, Gehilfen Matthias Rauchmillers, gestorben zu Bozen und die Jahreszahl 1696. Ein anderes in Berlin (Volbach a. a. O. I 7988, Abb. S. 79), das nahezu eine Wiederholung des Dresdner Exemplars ist, dazu ein Gegenstück, das Jüngste Gericht, hier als italienische Arbeiten, wohl aus Neapel, bezeichnet; weitere in den Vatikan. Sammlungen und, wesentlich kleiner, im Grünen Gewölbe selbst (II. 132, 29 Figuren).
II. 131. – Inv. der Kunstkammer 1741, S. 834 (Nachtrag): „1743 den 10. April haben Ihro Maj. der König aus dem Grünen Gewölbe ein Kunststück von Helffenbein, so die Herabstürtzung des Lucifers mit seinem Anhang aus dem Himmel in die Hölle vorstellt … so mit einem Bogen von Silbernen Blumen als Rosen umgeben … in die Kunstkammer überreichen laßen, die Rosen sollen in Rom seyn gemacht worden. Das Kunststück selbst ist in Neapel gefertiget, und zum Present anhero gekommen von Dero Frau Tochter Königl. Majest. beyder Sicilien.“
Maria Amalia, geb. 1724, gest. 1760, heiratete 1738 Karl III., König von Spanien und Neapel.
Die Schnitzerei, zweifellos eine Arbeit Auers, ist wohl in Italien (Neapel?) gefaßt worden. Die Marken scheinen italienisch.