Tägermoosstatut 1831
Übereinkunft zwischen dem Grossherzogtum Baden und dem Kanton Thurgau betreffend die Grenzberichtigung bei Konstanz vom 28. März 1831
§ 1[1]
[Bearbeiten]Als Grenzlinie zwischen dem Grossherzogtum Baden und dem eidgenössischen Kanton Thurgau zunächst der Stadt Konstanz wird diejenige, einstweilen mit eingeschlagenen Blöcken bezeichnete, Linie anerkannt, welche sich in ihrer ganzen Länge, nämlich von da an, wo auf der Ostseite der Stadt der ehemalige äussere Festungsgraben in den Bodensee einmündet, bis dahin, wo er westlich in den Rhein ausmündet, an dem äussern Rande der Grabenwand hinzieht; da aber, wo diese Grabenwand nach erfolgter Ausfüllung und Vereinigung eines Teils des Grabens mit dem urbaren Boden nicht mehr zu erkennen ist, nämlich auf einer Strecke von beiläufig 520 Fuss nächst der konstanzischen Schiessstätte, soll die Grenzlinie einer neuen Aussteckung folgen, welche das betreffende Grundstück (eine gegenwärtig dem Stephan Mischod, Metzger zu Emmishofen, gehörige Liegenschaft) auf 25 Fuss vom übrig gebliebenen Teile des Grabens an, demselben entlang, durchschneidet und dadurch dem grossherzoglich-badischen Gebiete wieder ungefähr der gleiche Boden zugeteilt werden, welcher dem Festungsgraben durch die Verengerung entzogen sein möchte.
§ 2
[Bearbeiten]Die Grenzlinie soll auf beiderseitig halbteilige Kosten mit Grenzsteinen (Hoheitsstöcken) bezeichnet werden; diese sollen auf der einen Seite, und zwar auf jener gegen die Stadt Konstanz, mit G.B., auf der entgegengesetzten Seite mit C. Th. und der Reihennummer bezeichnet sein; sie sollen ferner die Nachweisung der Winkel enthalten. Hierüber soll ein gehörig beurkundeter Grenzbeschrieb mit genauer Angabe und Bezeichnung der gesetzten Grenzsteine, der von ihnen gebildeten Winkel und ihrer Entfernung voneinander, und zwar nicht bloss nach Schritten, sondern einerseits nach dem neu-badischen, anderseits nach dem schweizerischen Längenmasse doppelt gefertigt, dann hierüber ein von den zur Grenzberichtigung beiderseits zugezogenen Behörden gehörig solennisierter Grundriss doppelt aufgenommen werden, in welchen die Landesgrenzen mit genauer Angabe der Grenzsteine, ihrer Nummern, Winkelgrade und Entfernungen einzuzeichnen sind.
§ 3
[Bearbeiten]Nachdem das grossherzoglich-badische Ministerium des grossherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten inhaltlich des Beschlusses vom 28. Januar d.J. Nr. 176 die Erklärung abgegeben hat, dass auf den nachzutragenden Beweis des frühern Besitzstandes der thurgauischen Stadt Diessenhofen hinsichtlich der Ausübung von Gemarkungsrechten im Güterbezirke der sogenannten «Setze» bei Gailingen das Gegenrecht werde beobachtet werden, welches Gegenrecht sich der thurgauische Bevollmächtigte ausdrücklich vorbehält, so stimmt die Regierung des Kantons Thurgau bei, dass der Stadt Konstanz der innerhalb der ehevorigen konstanzischen Gerichtsmarken im sogenannten «Tägermoos» liegende Güterbezirk nebst dem zwischen dem Tägermoos und dem Töbele befindlichen, aus einem Stücke Wiesboden bestehenden Wasen, mit Einschluss der Privateigentums im sogenannten Vogelsang am Rhein und der Ziegelhütte, wieder als eigene Gemarkung eingeräumt, sohin der seit dem Jahre 1798 eingetretene Verband dieser Liegenschaften mit den Gemarkungen der thurgauischen Gemeinden Egelshofen und Tägerwilen wieder aufgehoben werde.
§ 4
[Bearbeiten]In Folge dieser Anordnung wird der Magistrat der Stadt Konstanz künftig das Recht haben:
- a. Die Feldpolizei in der gedachten Gemarkung und die Bestrafung kleiner Feldfrevel im gleichen Masse selbst auszuüben, wie dieses den thurgauischen Gemeinden auf ihren Gemarkungen zusteht, jedoch ebenfalls nach den thurgauischen Gesetzen und Ordnungen, und unter der Aufsicht der dortigen Landesbehörden, daher mit der Obliegenheit, über die diesfälligen Verhandlungen ein besonderes Protokoll zu führen und zur Einsicht jener Behörden offen zu halten, so wie in Fällen mangelnder Vorschriften und insbesondere bei sich ergebender Zweifelhaftigkeit der Kompetenz in Frevelstrafsachen die benötigte Weisung unmittelbar bei ihnen einzuholen;
- b. diejenigen Verrichtungen zu übernehmen, welche den thurgauischen Gemeinderäten in der Anfertigung der Handänderungs-, Vertrags- und Schuldverschreibungsentwürfe sowie der Pfandschätzung zukommen, was nach den grossherzoglich badischen Gesetzen unter dem Gewährungsrechte verstanden wird, mit Vorbehalt der Befugnisse und Verrichtungen des thurgauischen Fertigungsgerichts und der Notariatskanzlei;
- c. sofort auch das Grundbuch (den Güterkataster) über die sämtlichen Liegenschaften zu führen, aus denen die konstanzische Gemarkung im Tägermoos besteht, und daher von den Änderungen im Besitzstande Kenntnis zu nehmen.
§ 5
[Bearbeiten]In Folge der Anerkennung, dass die mehrgedachte Gemarkung der Territorialhoheit des eidgenössischen Kantons Thurgau unterstehe, werden die Stadt Konstanz und die Eigentümer der betreffenden Privatgüter zu den allgemeinen Lasten und Steuern des Kantons als ein für sich bestehender Steuerkörper und zwar nach dem gleichen Massstabe wie die thurgauischen Gemeinden ihre Beiträge liefern und diesfalls von der Kantonsbehörde veranlagt werden; hingegen sollen sie aller Beiträge von diesen Liegenschaften zu den örtlichen Kosten und Lasten der thurgauischen Gemeinden unbedingt enthoben bleiben.
§ 6
[Bearbeiten]Die Regierung des Kantons Thurgau gibt zu, dass der Fischfang und die Jagd in den äusseren Festungsgräben von den Angehörigen der Stadt Konstanz dem alten Herkommen gemäss auch von der thurgauischen Seite des Grabens aus benutzt werden möge, jedoch mit Vorbehalt der thurgauischen Gerichtsbarkeit in Klagefällen wegen Güterbeschädigungen und Eingriffen in die Jagdhoheit auf thurgauischem Grund und Boden.
§ 7
[Bearbeiten]Insofern von Seite der Stadt Konstanz oder ihrer Behörden eine Ausbesserung oder Wiederherstellung der äusseren Festungsgräben für notwendig oder sachgemäss erachtet werden sollte, wobei es erforderlich würde, die Arbeiten auf dem thurgauischen Territorium zu erwirken, so wird diesfalls von Seite des Kantons Thurgau kein Hindernis entgegengesetzt werden; jedoch soll dieses ohne Nachteil des thurgauischen Gebietes und der Eigentümer von Grund und Boden geschehen.
§ 8
[Bearbeiten]In Absicht auf die Gestattung einer freien und unbeschwerten Zu- und Abfahrt mit den Bedürfnissen und Erzeugnissen des Feldbaues im Tägermoos und denjenigen der dort befindlichen Ziegelhütte soll es von Seite des Kantons Thurgau gegen die Stadt Konstanz jederzeit so gehalten werden, wie es nach allgemeinen Gesetzen oder besondern Staatsverträgen im Grossherzogtum Baden mit der Zu- und Abfahrt auf dortiges Grundeigentum thurgauischer Angehöriger im Falle der unmittelbaren Bewerbung des letztern und der Einbringung der Erzeugnisse alsogleich nach ihrer Trennung vom Grundstück gehalten wird.
§ 9
[Bearbeiten]Was endlich den von den Jahren 1819 bis und mit 1829 ausstehenden Abgabenbeitrag vom konstanzischen Tägermoos betrifft, so entspricht die Regierung des Kantons Thurgau der Verwendung der grossherzoglich badischen Kreisbehörde dahin, dass an dem Betrage des Rückstandes der Stadt die Hälfte erlassen sein solle.
Anmerkung
[Bearbeiten]- ↑ Siehe auch Übereinkunft zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden wegen Regulierung der Grenze bei Konstanz vom 28. April 1878, Abkommen zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reich über die Verlegung der Grenze zwischen dem Kanton Thurgau und dem Stadtkreis Konstanz vom 21. September 1938 und Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz - Neuhausen am Rheinfall vom 23. November 1964; SR 0.132.13.5, 0.132.136.52, 0.132.136.3.