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TBHB 1935-03-04

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1935-03-04
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Entstehungsdatum: 1935
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Originaltitel: Montag, den 4. März 1935.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 4. März 1935
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Einführung

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Der Artikel TBHB 1935-03-04 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 4. März 1935. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

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[1]
Montag, den 4. März 1935.     

[1]      Gestern Abend fuhr ich nach der Petersburger Straße zum Christ-Königs-Haus, wo um 8 Uhr eine Sühne-Andacht für Fastnachten mit Predigt sein sollte. – Wann man auch kommen mag, immer ist diese Kapelle überfüllt. Man braucht dort keinen „Kreis aktiver Katholiken“ zu gründen, – dort sind alle aktiv.

     Aus der Sühne Andacht wurde eine Gedächtnis-Andacht für den toten Bischof. P. Petrus sprach. Er sagte, daß Gott für die Sünden der Großstadt ein Sühnopfer gewollt habe. Gott habe der Diözese den obersten Hirten genommen. – P. Petrus stellte den Gedanken auf, daß die Katholiken Berlins am letzten Katholikentag in Hoppegarten zwar ihre Opfer für das heiligste Herz Jesu versprochen hätten, – aber Katholiken-Tage u. Sportpalast-Aktionen seien u. blieben eben doch zu sehr äußerliche Sensationen. Es fehle die wirkliche, innere Opferbereitschaft. Gott hätte vielleicht den Katholiken nicht ihren geliebten obersten Hirten genommen, wenn die Katholiken selbst opferwilliger gewesen wären. – In diesem Sinne sprach Petrus mahnend u. voll tiefer, innerer Liebe zu Bischof Bares, dessen Schüler er vier Jahre lang in Trier gewesen ist. – Anschließend fand Prozession statt, dann abendliches Complet. Es ist erstaunlich, wie diese ganze Gemeinde einfacher Leute sämtliche Gebete auswendig weiß. Hier ist wirklich Gemeinschafts=Gottesdienst.

     Heute morgen fuhr ich nach der Behrenstraße. Der Sarg des toten Bischofs ist in der Hauskapelle aufgestellt, die Kapelle ist wunderbar [2] geschmückt mit Kalla u. weißem Flieder. Trotz des Montag-Vormittags war der Andrang groß. Ich kniete am Sarge nieder u. betete u. bat den toten Vater um seine Fürsprache.

     Anschließend ging ich zu Herder, um mir einen lange gehegten Wunsch zu erfülllen. Ich kaufte mir die Hl. Schrift in drei Bänden, Ausgabe des Klosterneuburger Volks-Apostolates, drei Bände in Leinen zusammen 5,25 Rm. Das ist wirklich sehr billig. Trotzdem wagte ich nicht mir auch noch die Notizen von Dr. Sonnenschein zu kaufen, – das mag bleiben, bis mir wieder einmal eine Einnahme kommt. – Wie viele Bücher sehe ich jedesmal bei Herder, die ich gern lesen möchte. Wenn ich wieder Geld habe, werde ich mir das Buch des Dominikaner Paters A. D. Sertillanges, „Katechismus der Ungläubigen“ kaufen. Es sind fünf Bände: 1) Urgründe des Glaubens. 2) Die Mysterien. 3) Die Kirche. 4) Die Sakramente. 5) Die letzten Dinge. – Kartoniert kosten die fünf Bände zusammen 8,30 Rm. Das ist viel Geld. Wenn ich meinen Smoking verkaufen könnte, dann ginge es. –

     Draußen ist es sehr kalt geworden, sodaß mir nichts übrig blieb, als nochmals den teuren Anthrazit zu kaufen. Es herrscht strenger Frost, in meinem Atelier sind knapp 10° Wärme.

     Sehr lehrreich war gestern abend das Verhalten dieses ganz ungebildeten Publikums in der Christ-Königs-Kapelle. Da es sehr voll war u. viele keinen Platz fanden, mußte auch ich stehen. Eine Frau sah, daß ich am Stock ging. Sie stand sofort auf u. bot mir ihren Platz an. Ich dankte sehr, wehrte aber entschieden ab, worüber sich die Frau kaum beruhigen wollte. Darauf drängte eine andere Frau die auf ihrer Bank schon recht eng Sitzenden noch enger zusammen, sodaß für mich ein schmales Sitzplätzchen frei wurde, das ich dann gern annahm. Als ich nachher fortging, bedankte ich mich bei ihr, worüber sie ganz glücklich war. Ich ging fort mit dem Gefühl, als hätte ich ein gutes Werk getan dadurch, daß ich jener Frau erlaubt hatte, mir eine Freundlichkeit zu erweisen.

     So ist dieses Proletariat dort: Ein Vergleich mit den sog. „gebildeten Damen besserer Stände“ hier im Westen fällt sehr zu Ungunsten dieser letzteren aus. – Daß eine Dame wie hier bei uns in der Kirche mir einen Platz anbieten könnte, ist natürlich ganz ausgeschlossen; aber es wird auch niemals eine Dame einen tatsächlich vorhandenen Platz frei machen, wenn das auf Kosten ihrer Bequemlichkeit geht. Und wenn man einen solchen Platz einfach nimmt, dann hat man unter den bösen Blicken u. gehässigen Gedanken dieser „Schwestern in Christo“ so zu leiden, daß man schon lieber darauf verzichtet.

     Toter Bischof, – bitte für deine Kinder!