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TBHB 1943-03-22

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1943-03-22
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Entstehungsdatum: 1943
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Originaltitel: Montag, 22. März 1943.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 22. März 1943
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Einführung

Der Artikel TBHB 1943-03-22 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 22. März 1943. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über eine Seite.

Tagebuchauszüge

[1]
Montag, 22. März 1943.     

[1]      Gestern stellte ich um 2 Uhr das Radio an, um zu erfahren, ob der Führer nicht doch noch zum Heldengedenktag sprechen würde, u. erwischte grade noch die letzten Klänge dieser Gedenkfeier im Zeughause. Er hatte also gesprochen, ohne daß vorher das Geringste bekannt gegeben worden war. Offenbar wagt man solche Bekanntgabe nicht mehr.

     Die Gedenkfeier wurde abends um 815 Uhr von Schallplatten wiederholt. Der Führer sprach, – nein, er haspelte in knapp 20 Minuten eine Rede herunter, die er offenbar ablas, denn so schnell kann man frei nicht sprechen. Er sprach ziemlich eintönig, ohne das sonst bei ihm gewöhnte Schreien, man hatte den Eindruck, daß er nur den Wunsch hatte, möglichst rasch fertig zu werden. Sachlich bemerkenswert war seine Angabe der Zahl der Toten im bisherigen Gesamtkriegsverlauf, er nannte 542000 Tote. Wie weit diese Zahl richtig ist, wird sich später erweisen.

     Der heutige italienische Heeresbericht spricht vom Beginn einer großen Offensive der Engländer u. Amerikaner in Tunis. Ich fürchte, daß Dönitz zu spät kommt u. daß es dort ein katastrophales Dünkirchen geben wird. Die U=Boot=Erfolge dieses Monats sind gewiß sehr beachtlich, – bis jetzt im März rd. 700000 Tonnen versenkt; aber ob ein solcher Erfolg jetzt schon die Angriffskraft der Engländer u. Amerikaner wesentlich beeinflussen kann, ist fraglich. Gewiß wird das auf die Dauer der Fall sein, wenn sich diese Versenkungen weiter so steigern lassen, wie bisher, aber ich fürchte, daß es dazu nun auch zu spät sein wird. Bis sich diese Verluste entscheidend bemerkbar machen, werden unsere Gegner uns bereits an der Gurgel haben. –

     Leutnant Steinmetz, der uns am Sonnabend besuchte, war übrigens auf dem Wege nach Kiel, wo ein Gas=Kursus für Offiziere stattfindet. Ich fragte ihn, ob man denn mit einem Gas=Krieg rechnet. Er bejahte es. Nun habe ich von Anfang dieses Krieges an die Meinung vertreten, daß man erst dann mit Gas anfangen würde, wenn man annehmen darf, daß der angegriffene Gegner sich nicht mehr mit demselben Mittel wehren kann. Ich fragte darum den Leutnant, ob er glaube, daß dieses Letztere nun bereits auf uns zuträfe, – u. er bejahte auch dies! – Das ist dann freilich eine furchtbare Perspektive. Ein Angriff auf unsere Industriereviere, auf Hamburg u. Berlin mit Gas müßte eine schreckliche Wirkung haben.

     Das Wetter ist dauernd klar u. schön, der Vollmond steht am Himmel u. erleuchtet die Nächte, – aber kein engl. Flügzeug läßt sich sehen. Es ist gradezu unheimlich. Der Sturm, von dem Dr. Goebbels neulich in seiner Hetzrede sprach, wird losbrechen; aber anders, wie Herr Goebbels es meinte.