Zum Inhalt springen

TBHB 1943-05-13

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: TBHB 1943-05-13
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1943
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Vorlage:none
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel: Ahr. Donnerstag, 13. Mai 1943.
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 13. Mai 1943
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


Einführung

Der Artikel TBHB 1943-05-13 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 13. Mai 1943. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über drei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Ahr. Donnerstag, 13. Mai 1943.     

[1]      Gott sei gedankt, daß dieses Hochzeitsfest vorüber ist, – es war überaus anstrengend. – Am Dienstag Mittags kamen zuerst Fritz mit Margret u. Vater Bohner, der sehr elend aussieht, aber besonders mir mit großer Höflichkeit entgegenkam. Otto Wendt u. seine Frau Lita mit ihrem Sohn Max. Eine Stunde später kamen Fritz mit Margret u. Vater Dr. Bohner u. Ruth. Wir aßen gemeinsam zu Mittag. Abermals 2 – 3 Stunden später kam Marthas Vetter, der Pastor Karl-Ernst Wendt aus Casekow b. Blumberg i. Pom, in der Nähe von Stettin, mit seiner Frau Hedwig, ein typisches Landpastorenpaar, sehr würdig u. sympathisch. Wir tranken gemeinsam Kaffee, d.h. das Pastorenpaar bekam noch gewärmtes Essen (Dorsch). Am Montag hatte ich bereits den Altar aufgebaut in der Diele, in der Ecke, wo unsere weiße Muttergottes steht. Ich hatte die ganze Ecke bis zur Decke, u. diese auch, mit einem weißen Dekorationsstoff mit silberner Flimmerwirkung ausgeschlagen u. das Ganze Baldachin-artig mit demselben Stoff in Lachsfarbe abgeschlossen. Dieser lachsfarbene Stoff, der vorzüglich zur lachsfarbenen Wand der Diele paßte, war nach rechts u. links weit auseinandergerafft, so daß die Muttergottes wie eine rechte Maienkönigin unter diesem Baldachin stand. Hinter ihr waren grüne Blattpflanzen u. zu ihren Füßen eine Fülle von Stiefmütterchen, dazu die zwei dreiarmigen Leuchter, besteckt mit roten Kerzen. Der eigentliche, weiß gedeckte Altartisch stand davor, doch so, daß die Muttergottes viel höher stand. Auf dem Altar standen nochmals zwei silberne, hohe Leuchter mit weißen Kerzen, in der Mitte das Kruzifix. Am Boden rechts u. links vom Altar standen große Vasen mit Tannengrün, auf der Heizung links vom Altar Tulpen u. Flieder, auf dem hochgelegenen Fenster rechts vom Altar ebenfalls. Diese ganze Dekoration wirkte überaus schön u. imponierend. Ich hatte etwas Angst, wie der protestantische [2] Pastor sich zu dieser Maienkönigin stellen würde, doch ging alles ganz glatt. Später stellte ich fest, daß Karl-Ernst überhaupt sehr katholikenfreundlich ist u. guten Umgang mit kathol. Geistlichen pflegt. –

     Abends gegen 18 Uhr kamen die Gäste zum Polterabend. Es waren zugegen: Fritz u. Margret, Ruth, Dr. Bohner u. Frau u. Christa Schmidthals, Otto Wendt u. Frau mit Max, Pastor Wendt mit Frau, Martha u. ich, Frl. v. Tigerström, dazu kam noch vorübergehend Charlotte Schmitt als Mutter ihrer kleinen Jutta, die der Braut Kranz u. Schleier übergab u. dabei ein von mir gemachtes Gedicht ganz entzückend deklamierte. Vorher hatten Kurt Spangenberg u. unser Mädchen Trude Dade gemeinsam ebenfalls Verse aufgesagt, die ich verfaßt hatte. Kurt Sp. hatte einen Gehrock seines Vaters an u. einen alten Cylinder auf dem Kopf, Trude war von Frl. v. Ti., sehr niedlich herausgeputzt worden. Beide vertraten mit ihrem Glückwunsch die einheimische Bevölkerung. Etwas später trug ich dann selbst ein längeres Scherzgedicht vor, bzw. las es vor. Es waren das meine ersten Gedichte, oder besser Knittelverse, die ich in meinem Leben zustandegebracht habe, aber sie waren wirklich scherzhaft u. machten sehr guten Eindruck. Ich hatte eine vorzügliche Bowle gebraut, da Dr. Bohner gut für Wein gesorgt hatte. Dieser war im letzten Augenblick am Sonnabend eingetroffen mit einer Kiste sehr anständiger Cigarren. Die Bowle bestand aus 6 Fl. rotem Nahewein u. einer Flasche deutschem Schaumwein, das Ganze auf einer Dose Pfirsichen. Es schmeckte sehr gut u. sie wurde restlos ausgetrunken. – Gegen 11 Uhr Abends ging, der Spektakel der Dorfjugend los, der leider wie meistens sehr ausartete. Diese rohe Gesellschaft warf nicht bloß große Massen von Scherben vor die Tür, sondern fuhr in Blockwagen ganze Berge voll alten Blechgerümpel vor die Haustür. Als ihnen das noch nicht genügte, schleppten sie unsere Gartenmöbel zusammen u. türmten diese noch über diesen Unrathaufen. Eine Scheibe in der Haustür ging dabei noch in Scherben. Als sie dann dazu übergingen, die Müllkisten hinter dem Hause umzustülpen u. vor der Küchentür auszuleeren, u. als ich hörte, daß sie noch weiteres Gerümpel anfahren wollten, rief ich den Bürgermeister an u. bat um Schutz. Dieser benahm sich sehr ordentlich, indem er mir durch die Zollbeamten einen Posten vors Haus stellen ließ. – Alles dies störte natürlich sehr sodaß eine sehr gute, ernste Rede, die Dr. B. auf dem Herzen trug leider davon beeinträchtigt wurde. Unsere Gäste mußten später durch den rückwärtigen Ausgang das Haus verlassen, weil man durch den Vordereingang nicht gehen konnte. Alle Gäste wohnen im Kurhaus, mit Ausnahme von Ruth.

     Am nächsten Morgen beschwerte sich Martha beim Lehrer Deutschmann den sie zufällig auf der Straße sah, über die Jungens. Der Lehrer ließ sofort die Jungens antreten u. sie mußten den ganzen Unrat beiseite räumen u. abfahren. Die dadurch versäumten, Schulstunden mußten sie nachmittags nachsitzen. So hatten sie ihre Strafe. – Am Dienstag war das Wetter sehr kalt u. regnerisch gewesen, es war der Letzte der drei gestrengen Herren, – am Mittwoch war strahlender Sonnenschein, Windstille u. es war prachtvoll warm. So ist es auch heute noch. –

     Um 10 Uhr fuhr das junge Paar nach Born in schön mit Tannengrün u. Narzissen geschmückten Wagen von Spangenberg. Trauzeugen waren Otto Wendt, der Fritzens Patenonkel ist, u. Vater Bohner. Frau Bohner u. Ruth fuhren als Begleitung mit, weil das Wetter so schön war u. die Fahrt durch den Darss ja wirklich sehr schön ist. Der Wagen kam erst nach 1 Uhr zurück u. wir aßen dann ein warmes Frühstück, Tomatensuppe, Hammelragout. Um 3 Uhr fand dann die sehr schöne Trauung statt. Frl. Marry von Paepke, die grade eben angekommen war, spielte meisterhaft Harmonium, welches wir von Steinäcker's geliehen hatten, Karl-Ernst [3] hielt eine sehr schöne Predigt, die auf alle Teilnehmer sehr stark wirkte. Die feierliche Dekoration tat das ihrige dazu. Es waren in der Diele 40 Personen oder mehr versammelt, außer den vielen Kindern, die auf der Treppe hinauf saßen wie die Engelchen auf der Himmelsleiter. Evi Niemann hatte im letzten Augenblick noch aus Müritz einige wundervolle Kalla-Blüten beschaffen können, sodaß die Braut dadurch eine sehr schönes Brautboukett im Arme tragen konnte. Die Diele war natürlich übervoll von Menschen, aber grade das war sehr schön. Vater Bohner war besonders ergriffen u. man sah, daß er verzweifelt mit den Tränen kämpfte. Es ist das nun die letzte seiner drei Töchter, die er hergibt u. grade für Margret hatte er gehofft, daß sie studieren würde. –

     Nach der Trauung bewegte sich der Brautzug langsam u. sehr feierlich-fröhlich zu Knechts, wo die Kaffeetafel stattfand. Max Wendt trug einen bunten Kranz mit blau-weißen Bändern an einer hohen Stange voraus, dann folgte das Brautpaar u. anschließend die Gäste. Bei der Kaffeetafel saß ich zwischen Martha u. Frau Krappmann, dann Dr. Krappmann. Es gab eine Fülle von Kuchen u. Torten aller Art, alles von Frau Knecht sehr liebevoll gemacht. Es blieb viel übrig.

     Nach der Kaffeetafel war dann das Abendessen bei uns. Es waren 18 Personen: Fritz, Margret, Ruth, Christa, Herr + Frau Bohner, Martha u. ich, Frau Prof. Mariechen Seeberg, die ich als Tischdame hatte, Prof. Erich Seeberg u. Frau, Karl-Ernst Wend u. Frau, Otto Wendt u. Frau mit Max, Dr. Wessel, Frl. v. Tigerström. Es gab Brühe, Seelachs, Rinderbraten mit Gemüse u. Kartoffeln, Nachtisch, Nahewein, zum Schluß franz. Sekt. Ich hielt nach dem Fisch meine Rede, später auch Dr. Bohner, was ich nicht erwartet hatte, da er schon am Polterabend gesprochen hatte. Es sprach dann noch Karl-Ernst Wendt u. zuletzt Ruth. Nach dem Essen waren wir noch eine Weile oben im Wohnzimmer zusammen, wo ich dann mit Ruth eine gründliche Aussprache hatte. Alle Differenzen der letzten Zeit sind damit nun glücklich beigelegt u. es ist das alte Vertrauensverhältnis wieder hergestellt. Die Gäste gingen gegen 12 Uhr, aber Martha, Ruth u. ich saßen noch bis 2 Uhr zusammen u. besprachen Dinge, die sonst nie zur Sprache kommen. –

     Am Donnerstag war dann, Gott sei Dank, etwas Ruhe. Unsere Trude ließ uns im Stich u. Martha mußte sich selbst bemühen, im Wohnzimmer so weit Ordnung zu schaffen, daß wir angenehm frühstücken konnten. Am Nachmittag wollte Dr. Bohner kommen, um sich über die Bunte Stube näher informieren zu lassen, doch kam er nicht. Dafür waren Karl=Ernst u. seine Frau da u. später auch Otto mit Frau u. Max. Wir waren alle sehr erschöpft.