TBHB 1943-05-30
Einführung
Der Artikel TBHB 1943-05-30 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 30. Mai 1943. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über eine Seite.
Tagebuchauszüge
[1] Briefe geschrieben an Fritz u. Frau Heimann=Berlin, die mir kurz vor Fritzens Hochzeit mitgeteilt hatte, daß sie die Verantwortung für einige kleine Bilder, die sie immer noch von mir hatte, seitdem ich einmal bei ihr gewohnt hatte, nicht mehr tragen wolle. Sie wohnt in Friedenau im 4. Stock oder im 5. Stock u. ihre Gegend ist von Luftangriffen besonders heimgesucht. Am 1. März hat es bereits gebrannt, doch konnte das Feuer im Entstehen gelöscht werden. Ich habe nach Empfang dieser Nachricht gleich Rena Bluhm in Bln. angerufen u. durch sie die Bilder abholen lassen u. Fritz u. Margret brachten sie dann hierher. Ein Bild schenkte ich dem jungen Paar zur Hochzeit, eins schenkte ich Ruth. Heute habe ich mich nun bei Frau H. bedankt. Sie besitzt jetzt noch die mazedonische Landschaft, ein abstrakt=kubistisches Bild, welches ich gelegentlich holen lassen will, da es bedeutend größer ist u. deshalb nicht mit den anderen Bildern zugleich mitgenommen werden konnte.
Die Luftbombardements im Ruhrgebiet nehmen jetzt immer mehr zu, aber die Bombardements auf Sizilien können bald kaum noch zunehmen. Der Angriff ist wohl also von dort her zu erwarten, wenn es nicht ein Bluff ist, um unsere Herresleitung irrezuführen. Von unseren U=Booten ist so gut wie nichts mehr zu hören. Vor einiger Zeit, es sind erst einige Wochen her, hat Herr Dr. Goebbels im Reich geschrieben: „Die Engländer haben uns beim Handgelenk wir aber haben sie an der Gurgel.“ Er meinte damit unseren U=Bootkrieg. Jetzt nimmt Herr G. das Maul weniger voll, er weist im Reich nach, daß ein Krieg ohne Krisis eben kein rechter Krieg wäre u. er tut so, als ob die gegenwärtige Krisis ein Garant unseres endgültigen Sieges wäre. – Schwätzer! –
Morgen eröffnen wir die Bunte Stube. In den letzten beiden Tagen habe ich mich bemüht, zu dekorieren, dabei merkte ich erst recht, wie wenig Ware wir haben. Obwohl wir etwa die Hälfte des Geschäfts abgeteilt haben u. einen erheblichen Teil einfach leer lassen, ist es kaum möglich, den verbleibenden Rest auch nur annähernd mit Ware zu füllen. Und was für Ware! Früher wären wir schamrot geworden, heute freuen wir uns, den allerübelsten Kitsch hinstellen zu können.
Heute früh eine sehr erbauliche Andacht mit Martha u. Margret, die sich immer besser eingewöhnt.