TBHB 1943-10-03
Einführung
Der Artikel TBHB 1943-10-03 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 3. Oktober 1943. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
[1] Am Mittwoch kam überraschend Fritz, nachdem er schon am Montag von Berlin aus angerufen hatte. Er hat es ermöglicht, einen Sonderurlaub zu erhalten zur Regelung seiner Ehe-Angelegenheit. In Berlin konnte er feststellen, daß Bohners bereits einen Rechtsanwalt genommen u. eine Ehescheidungsklage vorzubereiten begonnen hatten. Da es ihnen an jeglichen stichhaltigen Gründen fehlte, machte Herr Dr. B. Fritz gegenüber Einschüchterungsversuche, indem er mit der Anzeige gewisser innerer Vorgänge in der Bunten Stube drohte, in die Margret im Sommer Einblick bekommen hatte. Fritz, der nach Berlin gekommen war in der Hoffnung, doch noch alles wieder einränken zu können, war wie aus den Wolken gefallen. Nachdem er mit Margret gesprochen u. diese ihn kalt u. verletzend behandelt hatte, überzeugte er sich, daß eine Aufrechterhaltung dieser Ehe unmöglich war u. erklärte sich bereit, in die Scheidung einzuwilligen. Er ging mit seinem Schwiegervater zu dessen Rechtsanwalt, der die Sache bereits bearbeitet hatte u. der Fritz einen Kollegen benannte, welcher seine Interessen wahrnehmen sollte. Nach Fritzens Schilderung sind diese beiden Anwälte die einzigen anständigen Menschen in diesem ganzen Spiel. Fritz erklärte sich bereit, eine formelle Schuld auf sich zu nehmen, indem er zugab, mit einer nicht genannten und erfundenen Nachrichten-Helferin in Frankreich inzwischen Beziehungen angeknüpft zu haben. Herr Dr. B. erklärte, die sämtlichen Kosten tragen zu wollen u. seine Tochter solle nicht das Recht haben, den Namen Wegscheider weiter zu tragen. – Ob das Gericht sich damit begnügen wird, die angebliche Beziehung zu dieser nicht genannten Nachrichten-Helferin als einzigen Scheidungsgrund gelten zu lassen, ohne darauf zu bestehen, daß diese fingierte Person als Zeugin vernommen wird, bleibt abzuwarten. Früher wäre das unmöglich gewesen, aber im nationalsozialistischen Staat mag das ja gehen. – Nachdem Fritz das geregelt hatte, kam er zu uns u. reiste gestern Vormittag wieder ab. Der arme Kerl ist wirklich zu bedauern. Er war überaus niedergeschlagen. Aber es ist das erste Mal, daß ihm etwas wirklich bis in die innerste Seele gegangen ist u. wir erhoffen davon, daß es eine Wendung für ihn bedeuten möge. Er wird vielleicht dadurch zu einer ernsteren u. tieferen Lebensauffassung gelangen – u. dann möge dieses Unglück gesegnet sein. – Ich habe ihm die Bekenntnisse des hl. Augustin als Lektüre mitgegeben. [2] Unsere Andacht heute morgen war wieder sehr schön, meine Ansprache war vielleicht etwas zu lang. Es waren da: Frau Monheim mit ihrer Tochter u. Berni, Frau Marianne Clement, geb. Ziel u. die beiden Kinder Bierwirt, außerdem Schw. Maria, die in dieser Woche endgültig abreisen wird. – Frau Vogt, die das letzte Mal so begeistert war, erschien nicht. Sie ist eben doch sehr unzuverlässig. Ebenso kam Frau Sommerhof nicht, sie kam vorher u. sagte, sie müsse die Milch für ihre Kinder holen, was ziemlich lange Zeit in Anspruch nimmt. Sie wollte dann noch kommen, aber es gelang ihr dann wohl nicht. – Heute Nachmittag werden wir bei Frau Monheim Kaffee trinken.