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TBHB 1944-12-16

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1944-12-16
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Entstehungsdatum: 1944
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Originaltitel: Sonnabend 16. Dez. 1944.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 16. Dezember 1944
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Einführung

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Der Artikel TBHB 1944-12-16 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 16. Dezember 1944. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

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[1]
Sonnabend 16. Dez. 1944.     

[1]      Gestern hielt Churchill im Unterhause eine in einem überaus pessimistischen Ton gehaltene Rede über Polen. Er erkannte den Anspruch Rußlands auf die Grenze der Curzonlinie ausdrücklich an. Polen solle dafür auf Kosten Deutschlands entschädigt werden, indem es ganz Ostpreußen bis einschl. Danzig bekäme. Es würden dazu Umsiedlungen nötig sein sowohl von Polen nach den westlichen Teilen dieses Reiches, wie auch Deutsche aus den neuen polnischen Gebieten. Hierzu meinte er, daß das keine Schwierigkeit bedeuten könne, da Deutschland bisher im Kriege etwa 7 Millionen Menschen [2] verloren habe u. noch weiterhin viele verlieren würde. Er sagte dann, daß der Ministerpräsident der polnischen Exilregierung in London auf dieser Grundlage nach Moskau zur Verhandlung gereist sei. Es sei auch alles nach Wunsch gegangen, auch die Verhandlungen mit dem polnischen Regierungsausschuß in Lublin seien günstig verlaufen, sodaß angenommen werden konnte, daß der poln. Ministerpräsident ein zweites Mal nach Moskau reisen würde, nachdem er sich in London mit den übrigen Ministerkollegen besprochen hatte. Diese Hoffnung sei aber trügerisch gewesen u. der poln. Ministerpräsident habe daraufhin demissioniert. Es sei dann zu einer Umbildung der poln. Exilregierung gekommen, von der Ch. sagte, daß sie durchaus nicht in allen Teilen seine Zustimmung hätte. – Er sagte dann weiter, daß es wünschenswert gewesen wäre, eine Einigung zwischen Polen u. Rußland zu erzielen, damit die Russen, wenn sie demnächst in Polen einmarschieren würden, als Freunde u. Befreier kämen. Käme eine Einigung nicht zustande, dann würde es neues Blutvergießen geben u. man weiß nicht, was daraus werden soll. Ch. sprach dann in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit eines dritten Weltkrieges.

     Es ist überall dasselbe: ob Griechenland, Italien, Belgien, Jugoslawien usw. – alle wollen natürlich von ihren Exilregierungen nichts mehr wissen. Die Leute haben ihr Vaterland mit der Waffe u. mit Einsatz des Lebens verteidigt, – jetzt sollen sie gehen, nachdem sie ihre Schuldigkeit getan haben u. die Herren, die den ganzen Krieg bequem in London oder sonstwo verbracht haben, wollen sich wieder auf ihre Ministersessel u. Königsthrone setzen, als ob seit 1939 nichts gewesen wäre. Man kann es den Leuten nicht verdenken, wenn sie sich das nicht gefallen lassen wollen. Aber diese Leute sind alle Kommunisten u. so werden diese Länder alle kommunistisch werden. Damit dürfte Hitler wohl Recht behalten. Jedenfalls war die Rede Churchills über Polen ein Eingeständnis einer schweren Niederlage Englands gegenüber Rußland u. die Bemerkung über einen dritten Weltkrieg konnte nur gegen Rußland gerichtet sein. Wenn man dazu noch an Griechenland denkt, wo der Bürgerkrieg nach wie vor tobt, ohne das England seiner Herr werden könnte, an Belgien u. auch an Frankreich usw. dann wird es immer deutlicher, daß England mit diesem Kriege sich arg in die Nesseln gesetzt hat. –

     Churchill sprach noch von der Notwendigkeit eines Ausgleiches zwischen Polen u. Rußland vor Beendigung des Krieges, weil es nachher viel schwieriger sein würde, einen Ausgleich zu finden. Es könne sein, meinte er, daß ein dritter Weltkrieg um Ideologien geführt werden würde, der dann nicht an irgend welchen Landesgrenzen, sondern im Herzen der Völker ausgefochten werden würde u. der dann Europa auf Jahrhunderte um die Früchte seiner Zivilisation bringen könne. – Das sind sehr düstere Worte, – u. man wird nicht fehl gehen in der Annahme, daß er dabei an Rußland u. den Bolschewismus gedacht hat. – Auch sagte Ch. noch, daß er die in London befindliche poln. Exilregierung auch dann weiterhin als poln. rechtmäßige Regierung anerkennen würde, wenn eine Einigung nicht erzielt würde. Es ballt sich hier schon deutlich der Konfliktstoff zwischen England u. Rußland zusammen.