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TBHB 1944-12-29

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1944-12-29
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Entstehungsdatum: 1944
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Originaltitel: Freitag, 29. Dez. 1944.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 29. Dezember 1944
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Einführung

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Der Artikel TBHB 1944-12-29 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 29. Dezember 1944. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

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[1]
Freitag, 29. Dez. 1944.     

[1]      Gestern Abend zwei Briefe von Fritz, datiert vom 2.12. u. vom 14.12. – Am 2.12. schreibt er, daß er für zwei Tage beim Troß wäre, um dort die San.-Ausrüstung eines aufgelösten MG=Bataillons abzuholen. Auch hat er bei dieser Gelegenheit seine letzten Privatsachen gepackt u. an uns abgesandt, sie sind aber noch nicht hier. –

     Er scheibt eine ganz amüsante Zahlenakrobatik auf, die ich hier notieren möchte:

     Datum seines diesjährigen Geburtstages:     4.12.44.

          "          "          Geburtstages                     4.12.08

                              Differenz                               36

     Alle Zahlen sind durch 4 teilbar.

3 x 4 ergibt den Geburtsmonat 12

3 x 12     "               das Alter 36

4 x 8      "                "          " , in dem er Soldat wurde = 32

32 + 4     "               "          heutige Alter.

4 + 12 + 44 = 60

4 + 12 + 08 = 24

Differenz       36 heutiges Alter

4.12.44 = Quersumme = 15

4.12.08 =          "          = 15

     Er stellt fest, daß er nun 4 Jahre Soldat u. immer noch Gefreiter ist, obwohl er gelegentlich Aufgaben erhält, die sonst Feldwebel ausführen wie z.B. jetzt die Uebernahme u. Durchsicht einer ganzen San-Ausrüstung. – In den letzten Tagen ist sein Komp-Chef von der 7. Komp. das zweite Mal verwundet worden, der Spieß, ein Zugführer u. zwei Soldaten sind gefallen, zehn sind verwundet, der Btl.-Kommand. schwer verwundet. Es ist dies der Hptm. Röhricht, der Maler, dessen Sohn hier in Althagen einmal im Kinderkaten war. Ein Bataillon hat nur noch 16 Mann Gefechtsstärke u. ist aufgelöst worden u. mit seinem Btl. zusammengelegt worden. Auf dem Verbandsplatz ist viel Arbeit Tag u. Nacht. Der Feldw. Kaplan Stegmiller ist ihm eine große Stütze. –

     Am 14.12. schreibt er von dem leider immer gespannter werdenden Verhältnis zu seinem Stabsarzt. Alle leiden unter seinem tyrannischen Wesen u. seiner Unbeherrschtheit – Ein Teil seiner Division bezieht die alte Weltkriegsstellung am Hartmannsweiler Kopf, bzw. hat sie bezogen. Dort wird sie wohl auch heute noch liegen. Der Gegner setzt hauptsächlich Artillerie ein, Luftwaffe selten, auf unserer Seite sind alte u. kaum gesunde Leute. Wenn dennoch die Stellung gehalten wird, so kommt es daher, weil der Gegner nicht gern zum Infanteriekampf antritt u. sich mit Artillerie begnügt oder Panzer einsetzt. Fr. schreibt, daß sie gezwungen wären, halbkranke Menschen vorn in der Stellung zu belassen, weil sie sonst die Stellung nicht halten könnten. Der Soldat sieht das zwar ein, aber es ist eben für den Einzelnen zuviel u. darum herrscht eine allgemeine Gereiztheit, die noch dadurch gesteigert wird, daß viele Soldaten überhaupt keine Post bekommen, weil sie von anderen Einheiten versprengt wurden u. nun ihre alte Feldpost-Nummer für sie nicht mehr gilt. [2] Es bestätigt sich nun das seit langem kursierende Gerücht vom Selbstmord des Gen-Feldmarsch. v. Kluge, der s. Zt. Nachfolger des im Westen abgesetzten v. Rundstedt war. Gen. Feldm. Keitel hat in einem Tagesbefehl bekannt gegeben, daß v. Kluge sich der Verantwortung an der Invasionsfront nicht mehr gewachsen gefühlt habe u. deshalb Selbstmord begangen habe. Eine weitere Erörterung dieses Vorkommnisses sei untersagt. Man hat also in Offizierskreisen offenbar so viel darüber gesprochen, daß diese Verlautbarung des Gen-Feldm. Keitel notwendig war. Ob allerdings damit der wahre Sachverhalt wirklich vertuscht werden kann, ist zweifelhaft. Dieser ist nämlich folgendermaßen:

     Der nach dem 20. Juli von seinem Posten als Militärbefehlshaber in Belgien abberufene u. seither verschollene Generaloberst v. Falkenhausen u. der Militärbefehlshaber in Nordfrankreich, Generaloberst Heinr. v. Stülpnagel waren beteiligt an der Verschwörung gegen den Führer. Beide haben versucht, den Gen. Feldm. v. Kluge zu sich herüber zu ziehen, was ihnen zwar nicht gelang, weil v. Kluge eine aktive Beteiligung ablehnte, sonst aber schwieg u. sich so doch mitschuldig machte. – Als nun das Attentat ausgeführt war, befahl General v. Stülpnagel die Entwaffnung der SS u. der Gestapo in Paris, wobei es zu Kämpfen zwischen Wehrmacht u. SS kam. Als sich herausstellte, daß das Attentat mißglückt sei, forderte v. Stülpnagel den Gen-Feldm. v. Kluge auf sich mit seiner Armee nun trotzdem ihm anzuschließen, einen Waffenstillstand zu schließen, die SS zu entwaffnen u. mit seiner Armee nach Deutschland zu marschieren. v. Kluge lehnte das ab u. so brach die Revolte zusammen. v. Stülpnagel nahm sich das Leben. In Frankreich wurden zahlreiche Offiziere verhaftet u. durch Foltern zu Geständnissen gezwungen. Als v. Kluge sah, wie durch sein unentschlossenes Zögern zahlreiche Kameraden in Gefangenschaft u. Tod geraten waren, hat er sich selbst erschossen. – Nicht also hat ihn die Verantwortung über den Zusammenbruch an der Invasionsfront in den Tod getrieben, sondern die Verantwortung über den Ausgang der Revolte. Es ist verständlich, daß dem Hauptquartier eine Erörterung dieser Ereignisse unter den Offizieren sehr unerwünscht ist u. daß Herr Keitel diese gern unterbinden möchte; aber es ist fraglich, ob ihm das glückt.

     v. Rundstedt, der nach dem Selbstmord v. Kluges wieder den Oberbefehl im Westen angetreten hat ist jedenfalls eine große Enttäuschung. Er hat sich nach dem Attentat zu der schmachvollen Rolle hergegeben, den Vorsitz jener Kommission zu übernehmen, die den Ausschluß der Verschwörer aus der Armee aussprechen mußte. Heute opfert er Hunderttausende in einer nutzlosen Offensive, die sich heute nach 13 Tagen schon völlig festgefahren hat. Nach weiteren 13 Tagen wird davon kaum noch etwas übrig geblieben sein u. man kann nur hoffen u. wünschen, daß v. R. dann wenigstens an der Spitze seiner Truppen fällt. –

     Paul ist heute nach Rostock gefahren zu Prof. Curschmann, dessen Schwiegersohn übrigens auch irgendwie in die Attentatsgeschichte verwickelt ist. Hoffentlich bringt er ein Attest mit, daß ihn von Schneidemühl befreit.

     Braunwarth ist mit seinem Schiff untergegangen, nachdem er in engl. Gefangenschaft war u. wegen Krankheit entlassen worden ist. – Der Sohn von Frau Kleinberg ist ebenfalls gefallen, – im Elsaß in Fritzens Nähe.