TBHB 1945-01-03
Einführung
[Bearbeiten]Der Artikel TBHB 1945-01-03 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 3. Januar 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über eine Seite.
Tagebuchauszüge
[Bearbeiten][1] Gestern von Ruth einen sehr guten und lieben Brief. Es ist wirklich eine große Verwandlung mit ihr vor sich gegangen. Sie schreibt, daß sie seit Hartmut's Tode sehend geworden sei, daß die Mauer der Verstandeskräfte eingesunken sei u. daß sie nun in die Sphäre des Glaubens hineingereift sei, die ihr bisher verschlossen gewesen wäre. Sie formuliert das treffend, indem sie schreibt, sie habe bisher nur immer gedacht u. nicht erlebt! – Sie fühlt die elementare Gewalt dieser Wandlung so stark, daß es ihr dabei Angst wird u. sie die Notwendigkeit fühlt, nun die Verstandeskräfte wieder einsetzen zu müssen, um nicht im Strome des Gefühls zu versinken. Diese Wandlung bringt es mit sich, daß sie das Gefühl hat, ihrem bisher gewohnten Lebenskreise zu entwachsen u. damit ihrer Umgebung fremd zu werden. Dennoch zwingt sie sich, diese Umgebung möglichst nicht unter dieser Wandlung leiden zu lassen, wozu sie zu Weihnachten grade viel Gelegenheit gehabt hat. Sie schreibt, daß sie ruhiger geworden sei, seitdem sie ihr Geschick Gottes Hand anvertraut habe, sie hat aller Kritik des Verstandes entsagt – oder hat wenigstens den Willen dazu u. sie will nicht mehr mit Energie etwas erringen, was nur Gnadengeschenk sein kann. – Ich bete zu Gott, daß diese schöne Wandlung in ihr weitere Fortschritte machen möge. – Es ist seltsam, daß ich diesen Brief von Ruth fast gleichzeitig mit dem meiner Schwester Else erhielt, der fast denselben Inhalt hatte.