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TBHB 1945-04-01

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-04-01
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Ostersonntag, 1. April 1945.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 1. April 1945
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Einführung

Der Artikel TBHB 1945-04-01 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 1. April 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Ostersonntag, 1. April 1945.     

[1]      Heute eine sehr schöne Andacht, das Zimmer war brechend voll, darunter 2 Soldaten von der Batterie u. sogar Kapitänlt. Dr. Krappmann. Ich hielt eine Ansprache über die Not dieses Osterfestes die mir diesmal wirklich aus tiefstem Herzen kam u. die offensichtlich auf alle Anwesenden einen tiefen Eindruck gemacht hat. –

     Gestern war ich bei Frau Krauss, die mich aber bereits nicht mehr erkannte. Sie lag mit offenen, aber abwesenden Augen, jedoch ruhig u. regelmäßig atmend. Der Sohn ist auf Urlaub gekommen, er ist Soldat bei der Luftwaffe.

     Gestern Vormittag brachte mir Frau Masurek, die Tochter von Frau Krauss, die in Bln. gewesen war, einen Anzug aus ihrem Geschäft mit, der zwar kriegsmäßig verarbeitet ist, sodaß mit Taschen gespart ist, aber aus gutem Kammgarn. Die Lieferanten verarbeiten jetzt die alten, friedensmäßigen Stoffe, die noch seit vor dem Kriege liegen, aus Angst, daß diese Stoffe dem Feuer u. den Bomben zum Opfer fallen. Ich zahlte 128, – Rm.

     Nachmittags beim Frisör Saatmann, der unheimliche Dinge erzählte. Er ist beim Zoll eingezogen, schon seit Kriegsbeginn, u. muß oft dienstlich nach Stralsund. So auch in der letzten Woche. In Velgast kam kein Zug u. er mußte warten. Da lief ein langer Güterzug ein, bestehend aus offenen Loren, auf denen Flüchtlinge lagen, die seit Tagen unterwegs gewesen waren. Die Leute sahen toll aus u. es war ein Gestank, der nicht zu ertragen war. Sie schrien verzweifelt nach Essen, aber es ließ sich kein Beamter keine NSV=Schwester sehen. Die Zollleute gaben den Flüchtlingen ihre Frühstücksstullen. Schließlich kam auch ein Parteimensch in Uniform, der aber natürlich machtlos war. Ein alter Mann schrie diesem Menschen zu: „Wenn Du uns nichts zu essen schaffen kannst, dann geh wenigstens hin u. besorge ein Maschinengewehr, um uns niederzuschießen!“

     Solche u. schlimmere Dinge hört man von allen Flüchtlingen. Und nun ist ein Anschlag an der Dorftafel, [2] daß die Ortelsburger Flüchtlinge sich bereit machen sollen, nach der Lüneburger Heide weiter transportiert zu werden. Eine Ortelsburgerin, die Sonntags an unseren Andachten teilnimmt, kam heute nach der Andacht zu mir, um mich um Rat zu fragen, was sie tun solle. Ich antwortete ihr, daß ich da keine Verantwortung übernehmen könne, daß ich aber selbst an ihrer Stelle hierbleiben würde. Ich sagte ihr: Unser Leben steht in Gottes Hand, u. wenn Er will, kommen wir auf der Flucht um, u. wenn er will, können 10000 Russen uns nichts tun. Sie antwortete: „dann will auch ich hier bleiben.“ –

     Gestern wurde in ganz Mecklenburg geworben zur Aufstellung eines Freikorps. Es fanden sich tatsächlich noch Dumme: in Althagen zwei: der Briefträger Vieck u. der Schlachter Schönfeld. – Ich sprach eben mit Dr. Krappmann darüber, er meinte, daß es für diese Leute überhaupt keine Waffen gäbe. Das dürfte wohl stimmen, aber diese Bande ist gewissenlos genug, die Leute trotzdem gegen die Panzer der Alliierten zu schicken.

     In Ribnitz sollen die Leute schanzen. Es ist nun schon so oft bewiesen worden, daß das überhaupt keinen Sinn hat; aber dennoch wird es befohlen.

     Heute früh hörte ich Befehle u. Verhaltungsmaßregeln, die Eisenhower an Soldaten u. Offiziere unserer Wehrmacht erlassen hat. –

     Trude brachte uns heute früh ein Körbchen mit Eiern u. a. Lebensmitteln, nachdem die Mutter gestern schon einen Kuchen für uns gebacken hatte, allerdings teilweise mit unserem eigenen Material. – Auch Agnes Borchers war eben hier u. brachte uns zwei Eier von ihren Hühnern.