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TBHB 1945-04-15

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-04-15
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Sonntag, 15. April 1945.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 15. April 1945
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Einführung

Der Artikel TBHB 1945-04-15 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 15. April 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über drei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Sonntag, 15. April 1945.     

[1]      Gestern Abend bei Ziels war es außerordentlich nett. Dr. Z. hatte eine Fl. franz. Rotwein, die er spendierte. Wir unterhielten uns sehr angeregt u. gingen erst nach 11 Uhr nachhause.

     Gestern bekamen wir noch einmal einen Brf. von Fritz, u. zwar einen neuen, Nr. 19., vom Gründonnerstag, 29.3. u. vom Ostersonntag u. Ostermontag. Es ist schön, daß wir diesen Brief noch erhielten, denn er enthielt manch Wichtiges. Zuerst einmal, daß er rückwirkend ab 1. Jan. San.-Gefr. geworden ist. Es ist das die letzte gute Tat seines Stabsarztes, der sich trotz der anfängl. Schwierigkeiten schließlich doch als guter Vorgesetzter erwiesen hat. Er hat diese Ernennung durchgesetzt, damit es leichter ist, Fritz zu dem Hauptverbandsplatz nachkommen zu lassen, zu dem er versetzt ist. Als einfacher Krankenträger wäre das bestimmt nicht möglich gewesen, – ob es so möglich sein wird, muß erst abgewartet werden. Dieser Stabsarzt Dr. Kunze muß doch ein recht ordentlicher Mann sein, denn Fritz schreibt, daß es ihm sehr schwer gefallen sei, sich von seinen Leuten zu trennen. –

     Fritz übernimmt nun zunächst bei der Stabskomp. die Sanitäterstelle. Am 29.3., als er den Brief schrieb, war er bei Stegmiller. Am Karfreitag hat er den Gottesdienst mitgemacht, den Stegmiller veranstaltete, am Sonnabend [2] ist er mit San-Feldw. Franke nach Buchenbach per Rad gefahren, hat sich dort ausgeruht u. ist dann weiter allein nach Hinterzarten zur Baronin v. Wolff gefahren, um dort über Ostern zu bleiben. Sein Stabsarzt hat diesen Osterurlaub als Dienstreise frisiert, sodaß ihm dieser Ausflug möglich gemacht wurde. Auch das ist eine anerkennenswerte Tat des Dr. Kuntze. –

     Fritz wurde, wie er schreibt, in Hinterzarten wieder sehr freundlich aufgenommen. Er war glücklich, in einem gut gepflegten Hause wieder einmal in einem guten Bett schlafen zu können. Dennoch hat der Krieg auch dort seine ernsten Spuren hinterlassen. Die beiden Söhne aus der ersten Ehe der Frau v. Wolff=Wendelstadt sind im Osten gefallen u. den Birkenhof hat man Frau v. W. im vorigen Jahre genommen u. anscheinend auch ihre Schule, ihr u. ihres Schwagers Hans Wendelstadt Lebenswerk u. Aufgabe. Die Tochter Juliane ist verheiratet mit einem Arzt, Pathologe, Dr. habil., Privatdozent an der Univers. Freiburg u. jetzt Stabsarzt. Ein Gegensatz zu ihr ist ihre Schwester Maria, die Fritz als sehr ernst u. verschlossen schildert, ein Mädchen, das viel liest, u. zwar gute u. schwere Bücher, die ihr den Zugang zum Leben noch mehr erschweren, zumal sie sehr einsam lebt. Fritz meint, daß ihr die Religion oder vielmehr der Glaube fehle, der dieses Mädchen von der Lebensangst befreien könnte, an der sie zu leiden scheint. – Er schreibt, daß die Freude, dort zu Besuch zu sein, auf beiden Seiten sei u. er stellt das frohen Herzens fest. – Am Ostersonntag gab es dann ein schönes Osterfrühstück. Anschließend Besuch bei Mausel Liehl, irgendwie eine Verwandte oder ein Patenkind von Max Wegscheider, die dort unten mit einem Pfarrer Huss verheiratet ist. – Nach dem Essen machte er einen Spaziergang mit der Tochter Maria, danach Tee u. Kuchen. Abends war er mit Frau v. W. u. Maria im Ostergottesdienst u. nachher in der Familie. Zufällig traf da grade ein Brief von Frau Partikel, der Schwester der Frau v. W., aus Ahrenshoop ein.

     Am Ostermontag waren alle zum Kaffee bei Juliane, die wohl im gleichen Hause wohnt, aber eine eigene Wirtschaft führt. Danach mußte Fritz dann wieder losfahren. Jedenfalls schreibt er, daß er glücklich u. dankbar war, dies alles erleben u. uns mitteilen zu können, – offensichtlich hat diese Maria einen tiefen Eindruck auf ihn gemacht. –

     Es wird wohl zwecklos sein, Fritz auf diesen Brief noch zu antworten, denn gestern hieß es, daß die Anglo-Amerik. die Elbe an zwei Stellen, nördl. u. südl. Magdeburgs, überschritten hätten u. nun etwa 80 km. von Berlin entfernt sind. Damit wäre dann die Nord-Süd=Verbindung endgültig unterbrochen, denn auch Leipzig ist im Süden bereits umgangen im Vorstoß gegen Dresden. Dennoch will ich wenigstens kurz schreiben. Ich erwarte, daß die Engländer nun direkt auf Rostock losgehen werden u. daß sie nun auch eine neue Landung in Dänemark vornehmen werden, um zu verhindern, daß unsere geschlagenen Truppen nach Jütland ausweichen. Wenn sie das nicht verhindern, müßten sie unter Umständen den Krieg bis in die Nordspitze Jütlands hineintragen, woran weder ihnen noch den Dänen etwas gelegen sein kann. Kiel ist in diesen Tagen u. Nächten immer wieder schwer aus der Luft angegriffen worden, [3] auch Hamburg, was wohl ein Zeichen für diese neue Landg. sein kann. Die Engländer werden vor allem den Nord=Ostsee-Kanal in ihren Besitz bringen müssen, um die Ostsee zu beherrschen. –

     Unsere Andacht heute war wieder sehr stark besucht, es werden immer mehr Menschen u. das Zimmer ist nun bald zu klein.

     Gestern Nachmittag waren Herr + Frau Meisner bei uns. Dieser Mann ist doch noch viel dümmer, als ich es je gedacht hätte. Er sitzt nun da wie ein betrübter Lohgerber, dem seine Fälle weggeschwommen sind u. er ist gänzlich hoffnungslos. Diese Gesellschaft hat uns diese Suppe eingebrockt u. nun jammern sie, daß ihnen dieses Gericht nicht schmeckt. Natürlich sind alle anderen Schuld daran u. vor allem sind die Amerikaner große Dummköpfe, die sich dem Bolschewismus ausliefern usw. Seine Gedanken bewegen sich lediglich in den Grenzen nationalsoz. Propaganda, er ist unfähig, einen eigenen obiektiven Gedanken zu fassen u. über diese Dinge hinauszusehen, dabei kommt er sich noch sehr klug u. weise vor. Ich habe geschwiegen, eine Entgegnung ist da völlig zwecklos.

     Der frühere Reichskanzler v. Papen ist in einem Jagdhaus im Ruhrgebiet mitsamt seinem Sohn u seinem Schwiegersohn v. Stockhausen von den Amerikanern gefangen genommen worden.