TBHB 1945-04-23
Einführung
Der Artikel TBHB 1945-04-23 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 23. April 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
[1] Der Kampf um Berlin scheint sehr viel rascher zu gehen als man annehmen konnte. Die Russen sind bereits weit in die Stadt eingedrungen u. sind am Friedrichshain, Warschauer Brücke uw, auch Weissensee haben sie. Im Norden haben sie Hermsdorf, Frohnau usw. u. auch vom Süden dringen sie in die Stadt ein. Dort sollen sie nur etwa 30 km. von den Anglo-Amerikanern sein, aber wo diese stehen, ist nicht bekannt. – An der Elbe von nördl. Magdeburg bis Hamburg scheinen auf unserer Seite noch ziemlich starke Kräfte zu stehen, denn es ist den Engländern dort immer noch nicht gelungen, die Elbe zu überqueren. In Berlin scheinen dagegen unsere Truppen großenteils kampflos die Waffen zu strecken, auch scheinen sehr viele bewaffnete Fremdarbeiter in den Kampf einzugreifen. – Sonst sind an den übrigen Fronten anscheinend keine wesentlichen Veränderungen mit Ausnahme von Baden, wo die Franzosen, von Norden vordringend, Freiburg genommen haben u. weiterhin den Bodensee erreicht haben. Damit dürfte also Fritz wohl bereits in Gefangenschaft sein u. somit hoffentlich das Schicksal seiner Brüder Kurt u. Klaus teilen. – Von besonderer Bedeutung ist die Nachricht, daß die Japaner schon wieder eine neue Regierung gebildet haben, welche Verhandlungen mit England + Amerika [2] aufgenommen haben soll. Die in Japan befindliche Auslands=Organisation der NSDAP ist verboten worden u. die neue Regierung hat verfügt, daß in Japan keine Nationalsozialisten als polit. Flüchtlinge aufgenommen werden dürfen. Damit erledigt sich der Plan, falls ein solcher wirklich bestanden haben sollte, daß der Führer nach Japan fliehen kann. Es hieß ja wiederholt, daß für diese Flucht Flugzeuge bereit stünden.
Man kann nun ja gespannt sein, ob der Herr Goebbels, der Führer des Volkssturm in Berlin, an der Spitze seiner Volkssturm-Männer gegen die Russen kämpfen u. Berlin „bis zum letzten Blutstropfen“ verteidigen wird, oder ob er sein kostbares Lieben u. seinen großen Mund noch einmal für eine Weile in Sicherheit bringen wird. Er kann dann ja zu Herrn Himmler gehen, der ihn wegen Feigheit vor dem Feinde dann eigenhändig über den Haufen schießen kann.