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TBHB 1945-05-03

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-05-03
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Donnerstag, 3 Mai 1945.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 3. Mai 1945
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Einführung

Der Artikel TBHB 1945-05-03 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 3. Mai 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Donnerstag, 3 Mai 1945.     

[1]      9 Uhr vorm. Heute früh sind die Russen hier durchgekommen. Gestern war der ganze Tag ruhig, nur unsere Soldaten, die sich irgendwie mit Civilkleidern versorgt hatten, zogen den Weg zurück in den Darss, bzw. verteilten sich sonst in den Häusern. Es waren viele SS-Leute darunter, die gefährlich aussahen. Nachmittags war ich noch kurz bei Frau Longard u. fand sie etwas ruhiger. Abends zum Vortrag waren nur Herr + Frau Ziel u. Frl. Wernecke zugegen, alle anderen brachten die innere Ruhe dazu nicht auf. Herr Ziel war am Tage in der Batterie gewesen, die von Soldaten u. Bevölkerung total ausgeplündert war. Es muß dort furchtbar ausgesehen haben, man hat dort wüst gehaust. Die Baracken sind total demoliert, alles ist kurz u kleingeschlagen, Lebensmittel sind geplündert. Ziel hat in der total zerstörten Apotheke allerhand kostbare Heilmittel u. Medikamente sicher gestellt, um sie der Apotheke in Ribnitz zu geben, die diese Sachen dringend braucht.

     Um 7 Uhr heute früh kamen die ersten Reiter durch das Dorf, dann ein bespannter Lastwagen u. allerhand Soldaten, die in die Häuser gingen u. Uhren klauten. Ich war noch beim Ankleiden. Sie waren bei uns im Hause, aber nur in der Diele, wo Paul mit ihnen verhandelte u. gleich seine Armbanduhr los wurde. Als ich runter kam, war das schon vorbei. Ein Soldat kam vom Boden des kleinen Hauses, wo Meiers wohnen, aber er hat dort nichts genommen. Ich schenkte ihm Cigaretten u. er war zufrieden. Andere waren in der BuStu gewesen, wo sie aber nichts fanden. Bei Bernh. Saatmann nahmen sie auch die Uhr weg, bei Papenhagen fanden sie nichts, wollten aber Gläser haben, um Schnaps zu trinken u. gaben auch Carl Papenhagen davon ab. Schließlich zogen sie weiter. Aber bald nacher kamen andere Kolonnen, Reiter, Beutewagen u. Pferde, Radfahrer. Räder werden den Leuten einfach abgenommen. Meist fahren die Kolonnen im scharfen Trabe durch, einige halten u. sehen zu, ob sie noch etwas klauen können, aber im allgemeinen sind es ganz gutmütige Kerle, wenn man berücksichtigt, daß Troßleute niemals u. in keiner Armee Elitesoldaten sind. Hier u. da kommt auch mal ein Auto, Beutewagen, Limousinen, aber selten, meist Pferdewagen u. alles sehr strapaziert Ueberhaupt sehen auch die Soldaten ziemlich wüst aus, aber es sind meist noch junge Leute unter 30 Jahren. – Einer der Soldaten hat zu Martha gesagt, sie führen jetzt wieder zurück nach Rußland. Zu Papenhagen haben sie gesagt, Hitler, Goering u. Goebbels seien erschossen. Andere sollen gesagt haben, daß sie hier wieder fortgingen, es kämen die Amerikaner hierher. Nun, das sollte mir nicht leid tun. Gestern ging das Gerücht, daß bei Barth amerikan. Fallschirm-Truppen abgesetzt worden seien u. daß es sogar zu Schießereien zwischen Russen u. Amerikanern gekommen sei, aber das ist wohl sehr unwahrscheinlich.

     Der Troß reißt aber kaum ab. Es kommen immer neue Abteilungen. Einige der Soldaten sind schwer betrunken, aber abgesehen vom Klauen ist es noch zu keiner Unregelmäßigkeit gekommen. Die Olga von Seebergs, die ja Russin ist, will wissen, daß diese Abteilungen alle nach Prerow fahren, wo die 2. russ. Armee stehen soll.

1/2 12 Uhr.

     Der Durchzug hat jetzt nachgelassen. Es kamen eben noch drei elegante Limousinen, die noch die SS-Abzeichen trugen. Es schienen höhere Offiziere darin zu sein.

     Herr v. Knesebeck, der Bruder von Frau Garthe, erzählte mir soeben, daß er gestern Abend noch im Kurhause den letzten Heeresbericht gehört habe, da sie im Kurhaus einen Akkumulator haben. Nach diesem Heeresbericht ist der Führer einer schweren Verwundung erlegen u. der Großadmiral Dönitz habe die [2] Führung übernommen, es würde weitergekämpft bis zum letzten Mann. In Berlin seien die Russen stellenweise in die Wilhelmstraße eingedrungen, außerdem wird noch von anderen Fronten tapferer Widerstand gemeldet. Von der Kapitulation Himmlers ist nirgends die Rede. –

     Es erhält sich hartnäckig das Gerücht, daß die Russen hier nur durchmarschieren u. wir von den Engländern besetzt werden sollen, die z. Zt. in Schwerin sein sollen. Demnach würden die Engländer Mecklenburg besetzen u. dann würden auch wir wahrscheinlich englisch werden, obgleich wir zu Pommern gehören.

     Eben war Herr Ziel hier, der gehört hatte, mir sei die Uhr abgenommen worden. Ich sagte ihm, daß das nicht der Fall wäre u. wir überhaupt bisher kaum Unannehmlichkeiten gehabt hätten. Bernh. Saatmann mußte seine Lederweste ausziehen, auch Herr Gerdes hat seinen Rock hergeben müssen, in dem seine Brieftasche mit Geld u. den Papieren war. Es ist das eine große Ungeschicklichkeit von Gerdes gewesen, er hätte seine Brieftasche sicher wieder bekommen können. – Der dumme Sohn von Frau Gess hatte einen Revolver gehabt, mit dem er renomiert hatte. Der ukrainische Schuster, den wir seit einiger Zeit im Dorfe haben, hat ihn denunziert. Der Bengel hatte den Revolver aber irgendwo ins Wasser geworfen u. das wurde ihm nun nicht geglaubt. Da er es nicht beweisen konnte, wäre es beinahe zu einem ernsten Zwischenfall gekommen, wenn nicht der Kutscher von Brandt, der russisch kann dazwischen gekommen wäre. – Auch Paul hatte übrigens eine altmodische Pistole, die er den Leuten gleich ausliefern wollte, aber sie wollten das alte Dings nicht haben. – Im Kurhause haben die dort wohnenden Soldaten grade beim Frühstück gesessen, als die Russen kamen. Die Russen haben ihnen aber nur gesagt, sie würden bald alle wieder nachhause fahren können, es würde bald wieder die Eisenbahn fahren u. elektr. Strom würde es auch bald wieder geben.