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TBHB 1945-06-16

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-06-16
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Sonnabend, 16. Juni 1945.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 16. Juni 1945
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Einführung

Der Artikel TBHB 1945-06-16 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 16. Juni 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Sonnabend, 16. Juni 1945.     

[1]      Der gestrige Tag verlief ziemlich ruhig. Vormittags ging eine Anzeige ein gegen das Geschäft Reichert-Saatmann, daß dort noch Lebensmittel verborgen gehalten würden. Ich ging gleich am Nachmittag mit zwei Polizisten hin u. ließ den ganzen Schuppen durchsuchen, in dem die Strandkörbe stehen, der andere Polizist blieb im Hause, um zu verhindern, daß inzwischen Sachen beiseite gebracht würden. Im Strandkorb-Schuppen fand sich nichts u. auch die Hausuntersuchung war ergebnislos. Mithin ergibt sich, daß das immer wieder auftauchende Gemunkel über Saatmanns ohne Unterlage ist. Die Haussuchung kann also für Saatmanns nur nützlich gewesen sein, da auf diese Weise die Haltlosigkeit all dieses Geredes erwiesen ist, – oder die Leute haben die Sachen so gut versteckt, daß sie nicht zu finden sind.

     In der Notgemeinschaft, in der gut gearbeitet wird u. in der fortlaufend hohe Beträge als freiwillige Spenden eingehen, sind in letzter Zeit Uniformstücke für Russen gearbeitet worden, ohne daß dafür bezahlt worden wäre. Martha hat sich darüber bei dem jüdischen Kosacken-Wachtmeister beklagt. Dieser hat darauf veranlaßt, daß eine gewaltige Rinderkeule an die Notgemeinschaft geliefert worden ist. Dieselbe ist in 12 Teile geteilt worden, so daß alle, die in der Gemeinde ehrenamtlich arbeiten, ein ordentliches Stück Fleisch bekommen konnten. Aus den Resten u. den Knochen wird am Montag eine kräftige Suppe gekocht werden, sodaß alle Mädchen u. Frauen, die in der Notgemeinsch. arbeiten, am Montag ein gutes Mittagessen haben werden. Da auch Leplow Fleisch bekommen hat, [2] das heute verkauft wird, hat das Dorf in der kommenden Woche einigermaßen zu essen. Zum Ueberfluß brachte mir auch Wullenbecker gestern ein großes Stück Rindfleisch, das er von Russen bekommen hat, sodaß wir auch davon Küntzels u. den alten Meiers abgeben können, auch die alte Frau Longard soll etwas davon haben.

     Gestern Nachmittag war Herr Söhlke bei mir u. fragte mich um Rat, was er tun solle. Da er aus geschäftl. u. berufl. Gründen s. Zt. genötigt gewesen war, der Partei beizutreten u. die Gefahr immer größer wird, daß die ehemal. P-G's verhaftet werden oder sonst unangenehme Dinge zu erwarten haben, ist er nun in großer Sorge; aber die Art, wie er vor diesen Gefahren steht, ist sehr anständig u. männlich. Er verzichtet auf einen Versuch zur Flucht, der ja auch ziemlich aussichtslos wäre u. will hier das Weitere abwarten. Inzwischen arbeitet er beim Bauer Rieck auf dem Felde u. pflanzt Wrucken. Ich konnte ihm nur bestätigen, daß diese Haltung m. E. nach das Beste wäre, – mit einer Flucht könnte er höchstens seine Familie in Gefahr bringen u. ein Gelingen der Flucht ist sehr zweifelhaft.

     Die Russen haben jetzt am Ausgang nach dem Darss ein großes Tor gebaut u. rechts u. links davon bis zur See, bzw. zum Bodden. Stacheldraht gezogen. Wozu das sein soll, ist nicht recht zu ersehen, denn der Wachtmeister sagt mir, daß der Oberleutnant, der bisher bei uns war, jetzt in Darsser Ort sitzt u. daß das ganze Gebiet von Darsser Ort bis Zingst u. bis Wustrow oder gar Ribnitz Besetzungszone der Kosacken sei. Der kommand. General wird erwartet, bzw. derselbe muß schon in der Nähe sein, denn die in Althagen u. hier bei uns requirierten Möbel u. die Bettwäsche waren für ihn bestimmt. Der Wachtmstr. sagt, daß der General ein großer Herr sei, der in Petersburg eine große Wohnung besitzt u. der über die Möbel, die ihm geliefert worden seien, sehr ungnädig gewesen sei, da sie ihm zu schlecht gewesen wären. Also gibt es dergleichen bei den Bolschewisten auch. Der Hauptmann vom Stabe des Generals sitzt im Kurhause, es steht ihm ein Auto zur Verfügung. Er scheint ein ganz umgänglicher Mann zu sein. Er trägt bessere Uniform u. benimmt sich etwas wohlerzogener, als ich es bisher bei den Offizieren gesehen habe. Er hat sogar ziemlich gewaschene Hände.

     Gestern Abend wurde durch Radio bekannt, daß die Konferenz zwischen Stalin, Churchill u. dem Amerikaner in Berlin stattfinden soll. – In Bayern hat sich eine Regierung gebildet, was auf eine Abtrennung Bayerns vom Deutschen Reich hinzudeuten scheint. Sonst gibt es in Deutschland immer noch keine Regierung.

     Der Abfluß der Senkgrube im Hintergarten ist verstopft. Meier=Sohn u. Klebach bemühen sich, den Schaden zu beheben. Klebach hat uns im kleinen Hause in der Küche einen Kochherd aufgestellt.