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TBHB 1945-06-20

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-06-20
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Mittwoch, 20. Juni 1945.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 20. Juni 1945
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Einführung

Der Artikel TBHB 1945-06-20 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 20. Juni 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Mittwoch, 20. Juni 1945.     

[1]      Gestern Abend kam wieder das Lastauto aus Barth. Sie hatten am Sonntag die alten Autos bei Helms gesehen, die keine Räder mehr haben u. behaupteten nun, daß die Räder versteckt wären. Die Kerle waren furchtbar grob u. drohten, Frau Helms mit nach Barth nehmen zu wollen, wenn die Räder nicht in einer Viertelstunde da wären. Ich half der Frau nach Kräften, aber die Kerle blieben unbelehrbar, bis sie den Gemeindeschuppen sahen, in dem unsere Lichtmaschine u. a. elektr. Apparate standen. Ich mußte ihnen den Schuppen aufschließen u. nun ging ein großes Räubern los. Sie räumten den Schuppen fast völlig leer u. fuhren um 8 Uhr abends mit voll beladenem Auto davon.

     Zur gleichen Zeit wurde ich zum Hause Monheim gerufen. Ich schickte Krull zur Vertretung hin. Später stellte sich heraus, daß das Kosacken-Kommando dort plötzlich abgerufen sei u. die Leute wollten sich bloß von mir verabschieden. Abends um 9 Uhr erschien dann unser Hilfspolizist Herold, der sich in letzter Zeit sehr bedenklich mit den Kosacken angefreundet hat, u. brachte den neuen Kosacken-Häuptling mit, einen ganz jungen Unteroffizier, der aber sehr freundlich war, wenngleich er auch nicht deutsch verstand. Wir holten Frau Kahl zur Verständigung. Der Hilfspolizist Herold übergab mir einen Wisch Papier, auf dem er selbst, angeblich nach dem Diktat des neuen Unteroffiziers, aufgeschrieben hatte, daß er Herold, künftig nur noch für die Russen tätig sein solle. Der Wisch war dann von dem Unteroffizier unterschrieben. Dieser Herr Herold ist nun also als unser Hilfspolizist Spitzel in russ. Diensten u. ich kann [2] den Kerl nicht entlassen, wenn ich mir nicht die Russen von ihm auf den Hals hetzen lassen will. Frau Kahl erzählte mir später, daß dieser Bursche, der mit einer Frau Voigt in der Guten Laune ein Verhältnis haben soll, sich seine Spitzeltätigkeit schon seit längerer Zeit sehr gut von den Russen bezahlen läßt.

     Auch gegen den Bäcker Hagedorn sind allerhand Gerüchte im Umlauf. Dieser Kerl fährt, wie ich jetzt höre, täglich mit unserem Lastauto mit, um unterwegs allerhand Schiebergeschäfte zu machen. Mit ihm im Bunde ist der Fahrer des Autos, sowie die ehemaligen Maate Buchholz u. Richter von der Batterie, die mir längst als Schieber bekannt sind. – Aehnliche Gerüchte gehen über Frau Holzerland, die aus dem Darss Holz abfahren läßt, ohne daß man weiß, wo das Holz eigentlich bleibt. Mit ihr im Bunde ist ein althäger Bauer, der sein Gespann dazu stellt u. ebenfalls Holz für sich stiehlt. So sind wir überall umgeben von Schiebern, Dieben u. Halunken, die alles an sich bringen, was die Russen übrig lassen. Es wird bald überhaupt nichts mehr da sein u. man steht dabei u. sieht zu, ohne etwas tun zu können.

     Die Wut der Menschen wird dabei immer größer. Gestern Vormittag wollte in Russe bei einer Frau Niejahr in Althagen einen Spaten haben. Die Frau, welche grade ihre Hecke schnitt, ging mit der Heckenschere auf ihn los u. verletzte ihn. Die Frau wurde flüchtig u. suchte ein Versteck bei uns bei Fischer Meyer, dessen Frau eine Schwester von ihr ist. Die Russen plünderten darauf hin ihr ganzes Haus total aus. Frau Niejahr selbst wurde bei Meyers natürlich bald gefunden u. zur Batterie gebracht. –

     Unser Fritz Paetow, den die GPU schon vor Wochen nach Zingst verschleppt hat, ist ebenfalls seitdem verschwunden. Niemand weiß, wo er geblieben ist.