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TBHB 1945-06-28

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-06-28
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Donnerstag, 28. Juni 1945.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 28. Juni 1945
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Einführung

Der Artikel TBHB 1945-06-28 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 28. Juni 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Donnerstag, 28. Juni 1945.     

[1]      Die unangenehmen Ereignisse, die sich am gestrigen Tage häuften, nahmen bis zum Abend kein Ende. Ueber die von Althagen geforderte Lieferung entschied unser Kommandant allerdings erfreulicherweise, daß alle in Ahrenshoop befindlichen Gegenstände als von der russischen Wehrmacht bereits beschlagnahmt zu gelten hätten u. nichts nach außerhalb auszuliefern sei. – Später wurde bei Frau Spangenberg von Russen ein Hemd gestohlen u. Frau Kahl, welche rasch den Kommandanten holen wollte, wurde von einem Hunde angefallen, der ihr den Mantel zerriß. Dann tauchte plötzlich der Leutnant auf, der der Vorgesetzte unseres Kommandanten ist. Er kam ins kleine Haus u. fragte Martha aus, woher der Unteroffizier (unser Kommandant) den Stoff zu der neuen Jacke u. der neuen Hose habe, die ihm Martha hat machen lassen. Es war schwierig, weil man nicht wissen konnte, was der Leutnant dachte. Martha sagte, wir hätten ihm den Stoff geschenkt, weil er so gut sei u. uns bei jeder Gelegenheit behilflich wäre. Der Leutnant kann zu wenig Deutsch, als daß die Sache klar geworden wäre. Wenn ich recht verstanden habe, will er heute abend wiederkommen u. wir sollen für einen [2] Dolmetscher sorgen. Dieser Leutnant ist ein großer u. breitschultriger junger Mann mit ganz klaren Gesichtszügen. Er ist offensichtlich ein ganz einwandfreier u. sehr anständiger Mann von eiserner Energie, aber grade wegen seiner persönlichen Anständigkeit ist er offenbar sehr mißtrauisch. Er ist der Typ des jungen, bolschewistischen Offiziers. Man sieht ihm an, daß er aus der Arbeiterklasse hervorgegangen ist, auf den Handrücken trägt er Tätowierungen, aber sein Gesicht ist sehr intelligent.

     Sodann kam Dr. Hoffmann, den ich in der Hagedornschen Angelegenheit um eine Unterredung gebeten hatte. Ich sagte ihm alles, was ich in Erfahrung gebracht hatte u. erklärte ihm, daß ich nicht in der Lage wäre, mein Amt weiterzuführen, wenn solche Dinge von oben her vorkämen. Er wand sich möglichst vorsichtig aus der Affäre u. sagte mir, daß die beiden Herren von der polit. Polizei die Absicht hätten, heute hierher zu kommen, um unserem Kommandanten klar zu machen, daß ihn die ganze Sache nichts anginge. Ich erwiderte Herrn Dr. H., daß ich unserem Kommandanten dann alles mitteilen würde, was ich wüßte u. daß ich ihm das Weitere überlassen müsse. Herr Dr. H. deutete mir jedoch an, daß der ekelhafte Wustrower Kommandant hinter diesen beiden Leuten stände. Dieser werde heute eine Verfügung herausgeben, nach der alle ehemaligen Parteigenossen, die Selbstversorger mit Fleisch gewesen wären, ihre Fleischvorräte abzuliefern hätten u. künftig Fleisch nur auf Lebensmittel-Karten beziehen dürften. Wenn das Tatsache ist, dann muß Frau Haged., der ich gestern das bei ihr beschlagnahmte Fleisch wieder ausgeliefert habe, ihr Fleisch wieder rausgeben. Es wäre das eine echte Haß=Maßnahme, die sicher häßliche Rückwirkungen haben wird, – u. ernährungsmäßig wäre es nicht einmal ein Gewinn, da dadurch der Kreis derer, die auf Karten versorgt werden müssen, nur noch größer wird.

     Schließlich kam am Abend noch der Kommandant mit Dalschewsky als Dolmetscher u. hatte allerhand Wünsche, doch nichts von besonderer Bedeutung. Heute früh kam er schon wieder u. brachte uns einen elfjährigen Jungen, den eine russ. Streife im Darss aufgefunden hat. Er heißt Willy Pagel, ist am 15. Jan. 1934 in Berlin-Neukölln geboren, sein Vater ist angeblich gefallen, die Mutter ist sonst umgekommen auf der Flucht aus Danzig, ihrem letzten Wohnort. Der Junge wird jetzt erst einmal sauber gemacht. Er bekommt zu essen u. dann werde ich ihn vernehmen. Der Kommandant will, daß ich ihn dann nach Wustrow abschiebe, da aber seit heute Nacht sehr schlechtes Wetter eingetreten ist, werde ich damit noch etwas warten. Der Junge kann eine Nacht bei uns schlafen.