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TBHB 1946-01-22

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1946-01-22
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Entstehungsdatum: 1946
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Originaltitel: Dienstag, 22. Januar 1946.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 22. Januar 1946
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Einführung

Der Artikel TBHB 1946-01-22 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 22. Januar 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Dienstag, 22. Januar 1946.     

[1]      Es ist seit einer Woche leider recht kalt geworden, wodurch erhöhter Kohlenverbrauch bedingt ist. Es sieht gar nicht so aus, als ob diese Kälte bald nachlassen wollte. Zum Glück war vor einigen Tagen der Kohlenhändler Schütz aus Niehagen hier, der gern für sich u. seine Frau Schuhe haben möchte. Martha besitzt noch ein Paar gute Skischuhe u. ich selbst habe noch sehr gute, braune Halbschuhe. Die Bedingungen sind also günstig, sodaß ich hoffen kann, Kohlen zu bekommen.

     Das kleine Blumenstück verlangt seine Arbeit, es macht langsam Fortschritte, es ist aber garnicht so einfach, wie ich dachte.

     Die Russen haben beantragt, daß die Griechenlandfrage, wo immer noch englische Truppen stehen seit den Unruhen, die dort waren, vor den Weltsicherheitsrat gebracht werden soll. Es sieht das sehr nach Rache für Aserbeidschan aus. Der englische Rundfunk macht dazu bissige Bemerkungen.

     Von Emma Wendt heute Nachricht, nach der Ruth u. Erich eine Woche lang eingesperrt worden sein sollen. Wir warten gespannt auf Näheres durch Ruth selbst.

     Heute Abend wurden im englischen Sender Bestimmungen der interalliierten Militärkommission über den Arbeitseinsatz der Zivilisten durchgegeben, die sich getrost mit den schlimmsten Verordnungen des Hitler-Regimes vergleichen können. Alle Männer, – sofern ich recht verstanden habe –, vom 15. bis 60. Lebensjahr u. alle Frauen bis zum 50. Lebensjahr haben sich auf dem Arbeitsamt zu melden u. erhalten künftig nur Lebensmittelkarten, wenn sie die Bescheinigung des Arbeitsamtes über ihre Meldung vorlegen können. Kein Arbeitgeber [2] darf künftig Angestellte oder Arbeiter einstellen oder entlassen ohne Erlaubnis des Arbeitsamtes, wer dagegen verstößt, hat mit hohen Geldstrafen oder Gefängnis zu rechnen. Ich entgehe ja Gott sei Dank diesen Bestimmungen mit meinen 61 Jahren grade eben, aber man kann solche Verfügungen nur mit einem fröhlichen „Heil Hitler!“ beantworten. Diese Leute tun, was sie nur können, um den Nazigeist in Deutschland nicht sterben zu lassen; aber es scheint so, als ob sie garnicht anders können, die Verhältnisse sind stärker als sie.

     Ferner wurde durchgegeben, daß der Obergruppenführer Lorenz als Chef des Konzentrationslagers Oranienburg verhaftet worden sei. Es werden ihm nicht weniger als 20.000 Todesfälle zur Last gelegt. Endlich wird es also auch diesem Halunken an den Kragen gehen. Ich wußte übrigens garnicht, daß man diesem Kerl ein solches Amt angehängt hatte. Zu aller anderen Tätigkeit war er wahrscheinlich selbst den Nazis zu unfähig. Himmler, sein Freund, hatte ihn ja zum General der Polizei gemacht u. in dieser Eigenschaft ist er dann wahrscheinlich auch Chef von Oranienburg gewesen. Aber auch Herr v. Alvensleben war General der Polizei u. drückte sich in dieser Stellung vor der Front. Von ihm hat man noch nichts gehört. Seine sympatische Frau ist zu bedauern.