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TBHB 1946-03-10

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1946-03-10
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Entstehungsdatum: 1946
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Originaltitel: Sonntag, 10. März 1946.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 10. März 1946
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Einführung

Der Artikel TBHB 1946-03-10 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 10. März 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Sonntag, 10. März 1946.     

[1]      Gestern am Abend kam Margot Seeberg mit ihrem Sohn Ando, der jetzt in Göttingen Medizin studiert. Frau S. war in Bln. gewesen u. hatte mit Jesuiten u. a. kathol. Geistlichen gesprochen, die alle dasselbe gesagt haben, was sich auch mir mehr u. mehr aufdrängt, nämlich daß wir hier östlich der Elbe uns allmählich auf Rußland einstellen müssen, wenn wir überhaupt weiter leben wollen. Ando berichtete aus Göttingen, wo an der Universität voller Betrieb ist. Göttingen liegt in der englischen Zone. – Frau S. erzählte, die Berliner Geistlichen hätten gesagt, daß eine Annäherung an Rußland sehr schwer sei, erstens, weil wir Deutschen alle kein Russisch können u. eine private Aussprache deshalb nicht möglich ist, u. zweitens, weil die Russen von den Engländern u. Amerikanern geschnitten werden. Man kann sie nicht zusammen einladen, wo Russen sind, gehen die Engländer u. Amerikaner nicht hin. Aber sie meinte, daß es in Berlin unter den Russen doch viele gebildete [2] Leute gäbe. Wir hier laufen Gefahr, alle Russen nach dem Niveau unserer drittklassigen Infanteristen zu beurteilen, die unsere Besatzung hier sind.

     Frau S. brachte uns auch eine Neuigkeit, die uns persönlich angeht. Sie erzählte, daß Fritzens ehemalige Frau Margret sich mit einem französischen Offizier verheiratet habe u. gegenwärtig in Tunis sei, was bei mir sofort das Wortspiel von einem „Tunis=Gut“ auslöste. So hat Margret also den Weg zu einem richtigen Abenteurerleben gefunden.

     Was aber die Lage Deutschlands zwischen West u. Ost betrifft, so fängt, je länger je mehr, für mich der Begriff „Europa“ an, zweifelhaft zu werden. „Europa“, – das ist höchstens noch der Erdteil bis zur Elbe u. Deutschland ist höchstens noch die Brücke zwischen Ost u. West. Aber kann man auch im Westen noch von „Europa“ sprechen in dem Sinne, wie man es früher tat? Welches ist die für Europa charakteristische Idee? – eine Idee, welche an Stelle der alten Idee der abendländischen Christenheit treten könnte? Die christliche Idee, die einst das Charakteristikum für Europa war, ist längst nicht mehr rein europäisch. Die Neuernennung von Kardinälen hat das stark beleuchtet, besonders durch die Ernennung eines Chinesen.