TBHB 1946-05-02
Einführung
[Bearbeiten]Der Artikel TBHB 1946-05-02 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 2. Mai 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über eine Seite.
Tagebuchauszüge
[Bearbeiten][1] Die beiden heutigen Vormittags-Vorträge behandelten die Situation, in der wir uns heute befinden, d.h. der Betrachtung des vollkommenen Trümmerhaufens. P. Drost stellte an sehr guten Beispielen aus dem praktischen Leben dar, wie es zu diesem Trümmerhaufen kommen mußte u. zeigte den einzigen Weg, der aus diesen Trümmern herausführen kann, jedoch konnte er keine Hoffnungen machen, daß dieser Weg vom Volke erkannt u. beschritten werden wird. Er deutete nur an, daß nur Einzelne diesen Weg erkennen u. beschreiten werden. Wahrscheinlich wird er in den Nachmittagsvorträgen hierauf näher eingehen.
P. Drost gab mir gestern Abend noch einen Hirtenbrief der Westdeutschen Bischöfe vom 27. März. dr. Js., in dem mit sehr entschiedener Sprache auf die allgemeine, große Rechtsunsicherheit hingewiesen wird, in der sich das ganze deutsche Volk befindet, eine Rechtsunsicherheit, die keineswegs geringer ist als die unter dem Nationalsozialismus. Insbesondere wird in diesem Sinne von der Bodenreform in der russischen Zone gesprochen. Dabei fällt mir ein, daß ich vor einigen Tagen in einer Zeitung – ich glaube es war die Frankfurter – einen recht scharfen Artikel über das Versagen der deutschen Bischöfe in der Nazizeit las. Der Artikelschreiber hatte wohl Recht. Aber nur zum Teil. Er vergaß nämlich, worauf P. Drost heute hinwies, daß die kathol. Kirche schon mehrere Jahre vor der Machtergreifung durch Hitler den Katholiken verboten hatte, dieser Partei anzugehören u. daß jeder exkommuniziert werden sollte, der dieses Verbot nicht achtete. Damals haben die deutschen Bischöfe mit allem Ernst u. zuweilen auch mit Strenge in diesem Sinne gesprochen, geschrieben u. gehandelt u. haben dafür viel Kritik geerntet auch unter Katholiken, die sich daran nicht kehrten. Man hat also jetzt hinterher kein Recht, das Verhalten der Bischöfe während der Nazizeit zu kritisieren, nachdem die Katholiken trotz des Verbotes eben doch zum großen Teil Nazis geworden waren.