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TBHB 1946-05-29

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1946-05-29
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Entstehungsdatum: 1946
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Originaltitel: Mittwoch, 29. Mai 1946.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 29. Mai 1946
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Einführung

Der Artikel TBHB 1946-05-29 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 29. Mai 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Mittwoch, 29. Mai 1946.     

[1]      Gestern legte ich das andere Blumenbild an, blühende Zweige, die mir Frl. Schröder, die Hausdame von Reinmöller in der vorigen Woche geschickt hatte, ich glaube, daß es Quittenblüten sind. Ich male dieses Bild auf eine Sperrholzplatte, die von einer Kodak-Reklame herrührt.

     Danach nahm ich mich der Leinewand wieder an, rieb sie mit Sandpapier ab u. mußte feststellen, daß die Fläche so porös war, daß man so nicht gut darauf malen konnte. Ich besaß noch eine Blechbüchse, die Fritz einmal aus Frankreich geschickt hatte u. in der weiße Oelfarbe war, womit ich Fensterrahmen angestrichen hatte. Diese Büchse war noch halb voll, sehr eingedickt, aber doch noch brauchbar. Ich setzte Terpentin zu u. strich damit die Leinewand noch einmal sehr mager. Nun habe ich Sorge, ob sich auf diesem Grunde malen läßt, da Oelfarbe doch zu reißen pflegt, wenn man auf sie auf weiß gestrichene Gegenstände aufträgt, allerdings wohl nur, wenn es sich um weißen Lack handelt. Nun weiß ich nicht, ob in jener Oelfarbe Lack enthalten war, glaube es aber nicht, bzw. ich möchte es nicht glauben. Wenn solcher darin war, so hoffe ich, daß die Leinewand ihn aufgesogen hat u. er nicht weiter schädlich ist. Die Leinewand ist so weit ganz gut geworden, doch will ich sie vorsichtshalber nochmals mit Sandpapier bearbeiten. Das handgewebte Leinen hat sehr viele Knoten, die teilweise recht störend sind, vielleicht bekomme ich sie weg, kann aber mit dem Sandpapier die Fläche doch etwas aufrauhen, damit der Grund noch etwas saugt. Ich habe noch nie auf solchem Oelgrund gemalt.

     Fritz ist in der BuStu. sehr eifrig tätig. Ich sah es mir gestern an. Es ist erstaunlich, was er gemacht hat. Der Turm, der in den letzten Kriegsjahren verschlossen war u. als Vorratsraum diente, ist wieder eingerichtet u. wirkt mit wenigen, sehr mäßigen Ausstellungsgegenständen doch sehr anständig. Er hat seine großen Fotos aufgehängt u. auf den Tischen Radierungen von Schultze-Jasmer unter Glas. Er ist jetzt dabei, Wände zu spannen, an denen meine Zeichnungen hängen werden, die ich nun nach u. nach fast alle mit gezeichneten Rähmchen versehen habe. Den Rest mache ich heute u. morgen fertig. Am Pfingstsonnabend soll alles fertig sein, denn dann kommen die ersten Gäste. Am Pfingstsonnabend ist Marthas Geburtstag.

[2]      Nachmittags war der junge Stechow aus Althagen da mit einem Herrn Meier, der wohl Flüchtling ist u. Werkmeister irgend einer Fabrik, ein sehr intelligenter, sympatischer Mensch. Beide zusammen haben sechs Schaukelpferde gemacht, von denen aber erst drei fertig sind. Wir haben sie sofort gekauft u. die noch zu machenden drei Stück ebenfalls. Die Stücke sind ganz ausgezeichnet, sehr solide u. stabil gearbeitet, nur daß der fertige Anstrich mangelhaft ist, weil sie keinen Firnis haben. Wir werden nun noch Sattelzeug u. Zaumzeug dazu machen u. haben damit wirklich ganz große Zugstücke im Laden. Man wird heutzutage dergleichen kaum in den Großstädten finden. Diese Pferde u. unsere wirklich bemerkenswert guten Puppen, die wir von den Damen machen lassen, die wir beschäftigen, sind wirklich sehenswert. Wir beschäftigen vier Damen zur Herstellung von allerhand Dingen wie Gürtel, Haarnetze, Einkaufsnetze usw. u. können uns mit dieser Produktion sehen lassen. Dazu haben wir noch eine ältere Dame als Verkäuferin, Frau Handschuch, sie war einmal die Frau eines Geschäftsinhabers für Eisenwaren u. Haushaltungsartikel in irgend einer Stadt im Osten u. hat alles verloren, sie ist sehr gewissenhaft u. reell. Auch die anderen Damen sind alle Flüchtlinge bis auf die Tochter des Briefträgers Fiek, der verschollen ist, ebenso wie ihr Mann.

     Vorläufig geht das noch alles, aber die Zeit wird kommen, wo kein Mensch mehr Geld hat. Deutschland geht immer mehr dem völligen Ruin entgegen. Trotzdem arbeiten wir weiter, als ob nichts geschehen wäre. So habe ich den beiden Herren Stechow u. Meier heute die Maße meiner sämtlichen Bilder gegeben u. lasse Rahmen machen. Dabei las ich heute in der russisch redigierten Täglichen Rundschau, dem zur Zeit maßgebenden Organ in der russischen Zone, eine Kritik über drei berliner Kunstausstellungen, die den Gipfel der Unverschämtheit darstellt. Dieser Kritiker bemängelt vor allem, daß die deutschen Künstler sich nicht mit dem aktuellen Zeitproblemen befassen. Was sollen sie da wohl malen: Plündernde Kosaken u. betrunkene Offiziere? Im übrigen reißt dieser Kerl die Arbeiten der Künstler runter, daß es nur so eine Art ist. Es ist wirklich eine unerhörte Unverschämtheit, die mir aber beweist, daß es garkeinen Sinn hat, an die große Oeffentlichkeit zu gehen.