TBHB 1946-06-28
Einführung
[Bearbeiten]Der Artikel TBHB 1946-06-28 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 28. Juni 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
[Bearbeiten][1] Dieser Festtag war immerhin nicht ohne jede äußere Gnadenerweisung. Wir schickten gestern Trude nach Ribnitz zu P. Beckmann, den sie natürlich nicht antraf, aber es wurde mit der Wirtin verabredet, daß heute jemand kommen würde, um Wein u. Hostien abzuholen. Heute Nachmittag ist Dr. Tetzlaff selbst rübergefahren, da jetzt neuerdings ein Motorboot ab Althagen um 6 Uhr nachmittags regelmäßig nach Ribnitz fährt u. um 8 Uhr wieder zurückkommt.
Nachmittags kam Robert Schneider mit seiner Mutter, um meine Bilder zu sehen. Er brachte eine Flasche original Luxemburger Sekt mit, dazu eine kleine Schachtel mit zerschnittenen Cigarrenstummeln, die sich aus der Peife noch sehr gut rauchen lassen. Das Zeigen der Bilder ist ja immer eine etwas schwierige Sache, denn letzten Endes ist auch Robert Schneider ein Banause, aber gutmütig. Vor dem Christkönigs=Bilde verstummte er völlig. Es macht dieses Bild doch auf alle immer einen tiefen Eindruck. Sekt, Pfeife u. Bilder gaben dann doch einen guten Zusammenklang u. es war schließlich doch eine Freude.
Martha war vorher kurz bei Frau Longard gewesen u. brachte ein Päckchen Sanatogen mit, welches der Sohn aus Kaiserslautern für mich gesandt hatte. Das Praparat Myoston, das ich regelmäßig nehme, hat eine offensichtlich gute Wirkung. Wenn nun Sanatogen noch dazu kommt, sollte es wohl werden.
Am Vormittag habe ich eine Sperrholz-Platte zurechtgeschnitten u. habe die Treppe aufgezeichnet, [2] ich denke, daß ich am Montag dieses kleine Bild anfangen will. Es ist ja ziemlich belanglos, aber wird sicher ein hübsches Bild werden. Solch kleine leichte Sachen sind eben doch auch von Wichtigkeit.
Es regnet wieder, aber es ist wenigstens warm.
Den Vortrag, um den mich Dr. Burgartz gebeten hat, habe ich nun ebenfalls im Konzept fertig. Ich habe ihn ziemlich gründlich u. sorgfältig verfaßt u. ich könnte ihn nun jederzeit halten. Ob es wirklich dazu kommt, daß ich ihn halten werde, ist ja noch ungewiß, aber es war doch gut, mich einmal prinzipiell dazu zu stellen.
Abends kam noch der ehemalige Forstmeister mit seiner Frau, Flüchtlinge aus Ostpreußen jetzt in Schwerin, der sich als Holzbildhauer aufgetan hat u. als Kulturbundgast hier ist. Er möchte sich gern hier niederlassen u. sucht ein Haus. Wir sprachen die Möglichkeiten durch. Er ist ein gebildeter u. kultivierter Mann u. scheint in Ostpreußen viel zurückgelassen zu haben. Jetzt besitzt er wohl nichts mehr. Seine Frau ist eine sehr energische u. lebensbejahende Person, reichlich hart u. materiell. Er heißt Genée u. mag etwa 55 Jahre alt sein, nicht unsympatisch. Ob er als Bildhauer etwas kann ist allerdings noch zweifelhaft, er ist reichlich konventionell, ein richtiger feiner Mann mit gesellschaftlichen Manieren, die Frau ist ganz Dame, aber offenbar praktisch u. erfahren in der Landwirtschaft, zupackend.
Später um 10 Uhr kam Dr. Tetzlaff von Ribnitz zurück u. brachte das Notwendige mit, um morgen die hl. Messe lesen zu können. Wir richteten noch rasch den Altar.