TBHB 1946-07-20
Einführung
Der Artikel TBHB 1946-07-20 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 20. Juli 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über drei Seiten.
Tagebuchauszüge
[1] Gestern Abend die Versammlung des Ku-Bu, doch versammelten sich von den etwa 35 Mitgliedern nur fünfzehn, unter ihnen der alte Triebsch, der rechts neben mir saß, der Bürgermeister Schröter, Frau Koch-Gotha, ihre Tochter u. ihr Schwiegersohn, den ich bei dieser Gelegenheit kennen lernte, Frau Eggert, Frau Marie Seeberg, Käthe Miethe, Frau Richter u. a. – Es ging zunächst um die Wahl eines stellvertr. Vorsitzenden der Ortsgruppe, die [2] dringend war, weil Dr. Burgartz geheimnisvolle Andeutungen machte, daß er künftig meistens abwesend sein würde. Ich bin nicht dahinter gekommen, was ihn eigentlich von hier fortführen wird, es scheint, als ob Herr Matern ihm irgend ein Angebot gemacht hat. Herr Matern scheint überhaupt sehr aktiv zu sein u. sich von Herrn v. Achenbach u. von Erichson distanziert zu haben. Ich glaube, den Andeutungen des Dr. B. entnehmen zu können, daß dieser auch zur sog. „Beratenden Versammlung“ beim Landratsamt gehört. Diese Beratenden Versammlungen sind bei den Gemeindeämtern, den Landratsämtern u. bei der Landes-Regierung seit neuester Zeit von den Russen eingerichtet worden u. sollen so etwas wie eine parlamentarische Vertretung bei diesen Aemtern sein, sind aber nicht aus Wahlen hervorgegangen, sondern werden berufen, natürlich kommen nur Mitglieder der SEP. dafür in Frage.
Für den stellvertr. Vorsitz in der Ortsgruppe schlug Dr. B. mich vor, doch lehnte ich entschieden ab mit der Begründung, daß ich nicht in der SEP. bin u. auch nicht die Absicht habe, einzutreten. Meine Ablehnung rief Verlegenheit hervor, denn es war kaum jemand da, der sonst noch in Frage kam. Man bot dieses Amt an wie saures Bier, aber niemand wollte es nehmen. Schließlich gelang es, Frau Richter dazu zu überreden, obgleich sie wirklich nicht sehr geeignet ist.
Anschließend gab es dann ziemlich unordentliche Unterhaltungen über allerhand andere Fragen: Veranstaltungen von Konzerten durch die hier anwesenden Gäste, die alle bei dieser Gelegenheit Geld verdienen wollen, ferner ist Herr Dr. B. sehr scharf darauf, unter den Einheimischen Theaterspiele zu veranstalten. Käthe Miethe redete dagegen u. meinte, man sollte die Einheimischen das selber machen lassen u. sich nicht hineinmischen. Was sie sagte, war nicht sehr überzeugend. Endlich wurde eine Kunstausstellung beredet, die Dr. B. gern nicht nur von den hier lebenden Künstlern, sondern auch von den Verstorbenen veranstalten will. Der Koch-Gotha'sche Schwiegersohn u. ich wurden aufgefordert, die Sache zu machen. Wir sagten zu, aber es sind da besonders die Raumschwierigkeiten sehr groß. Herr Klünder, wie der Schwiegersohn von K-G. meines Wissens heißt, wird am Montag zu mir kommen u. wir werden dann gemeinsam versuchen, ein Haus für diesen Zweck zu finden. Vielleicht ist das „Haus am Meer“ dazu geeignet, vielleicht auch Haus Schorn oder Haus Dohna, das ja früher diesen Zwecken diente, doch werden wir auf die verstorbenen Künstler verzichten müssen, denn dazu ist ja garkein Platz. –
Heute früh ist Martha nach Berlin gefahren. Ich stand um 1/2 6 Uhr auf, sie ging um 6 Uhr aus dem Hause zum Hafen in Althagen.
Nach dem Frühstück mit Fritz auf der Terrasse stand das Problem vor mir, auf welchem Grunde das neue Bild gemalt werden soll. Einen passenden Keilrahmen habe ich nicht mehr. Ich überlegte, ob ich einen großen Keilrahmen dadurch verkleinern soll, indem ich aus einer großen Leiste ein Mittelstück heraussäge u. die beiden Stücke durch Aufnagelung eines Stückes Sperrholz wieder zusammennageln soll. Es wäre ein umständliches Verfahren u. es ist nicht sicher, ob der Rahmen dann genügend Festigkeit hat. Und das ist sehr lästig. Beim Lupinenbilde hatte ich auch gegen die Wackeligkeit der schlecht zusammenpassenden [3] Leisten zu kämpfen, sodaß ich die Leinewand nicht straff spannen konnte, u. zum Schluß hat sich der Rahmen dann noch verworfen. So zog ich es vor, lieber das alte Verkündigungsbild aus dem Jahre 1933 zu zersägen. Das Bild war auf eine ziemlich starke Sperrholzplatte gemalt, die mit Nessel auf beiden Seiten sorgfältig beklebt u. gut grundiert war, aber es war sehr stark nachgedunkelt u. überdies arg zerschrammt durch die Unvorsichtigkeit des Mannes aus dem Christkönigs-Hause, der damals, als ich aus der Wilhelmshöherstraße nach dort umzog, das Bild in das Lastauto verlud. Im Christkönigs-Hause ist ja eigentlich alles, was ich besaß, kaputt gegangen. Wenn ich jetzt die Rückseite dieser Platte verwendete, sparte ich mir auch das Grundieren, was ja bei der schlechten Grundierfarbe, die ich habe, ein weiterer großer Vorteil war. So ging ich also schließlich daran, das Bild zu zersägen, obgleich es mir leid tat, denn wenn das Bild auch nicht ohne Fehler war, so war doch viel Gutes daran.
So habe ich denn also das neue Bild „Rosen“ heute aufgezeichnet u. farbig angelegt. Rote Rosen mit Grün, Blau, Violett u. Gelb. Ich hoffe, daß es ein schönes Bild werden wird.