TBHB 1946-07-29
Einführung
Der Artikel TBHB 1946-07-29 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 29. Juli 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
[1] Wir konnten gestern die Andacht wiederum ausfallen lassen, da P. Beckmann am Nachmittag 6 Uhr in der Wustrower Kirche ein Hochamt hielt. Martha u. ich fuhren mit dem kleinen Omnibus von Johannsen, der jetzt täglich zweimal nach Ribnitz fährt u. etwa 10 Personen faßt. Wir waren allerdings zwölf u. ein Kind. Es war sehr eng aber wir kamen gut hin. Die Kirche, die ich zum ersten Male von innen sah, ist protestantisch nüchtern u. schablonenhaft, aber sie zeigt keine wesentlichen Geschmacklosigkeiten. Außerdem hat sie eine vorzügliche Akustik. Der Gottesdienst war ziemlich gut besucht, P. Beckmann sprach sehr gut u. der kirchliche Raum regte ihn offensichtlich an. Ich diente ihm bei der Messe. – Nach der Messe sprachen wir ihn u. das junge Paar, welches heiraten will u. nun endlich alle Papiere in Ordnung hat. Die bedingte Taufe des jungen Mannes soll am kommenden Montag bei uns stattfinden, P. B. wird dazu wohl herüber kommen. Den Termin der kirchlichen Eheschließung wird er dann erst festsetzen, möglicherweise muß das dann der Kaplan Wagner machen, denn P. B. ist durch die Ankunft vieler Tausender sudetendeutscher Flüchtlinge überaus in Anspruch genommen. – Wir machten uns dann auf den Rückweg. Johannsen überholte uns aber mit seinem Omnibus u. wir konnten auch zurück fahren. –
Abends waren Herr + Frau Dr. Lindner da. Er erzählte von den berliner Kampftagen, die er sehr stark erlebt hat. Es muß grauenvoll gewesen sein.
Heute vollendete ich das Rosenbild. Es ist schön geworden. [2] Während der letzten Tage habe ich, angeregt durch eine Marionettenfigur, von denen wir gegenwärtig in der BuStu. eine große Anzahl haben, dazu ein ganz reizendes Theater, Versuche gemacht, ein Gespenst zu zeichnen. Ich habe mehrere Versuche gemacht, bis mir jetzt ein Entwurf gut gelungen ist. Danach werde ich ein kleines Bild malen, das sicher sehr interessant werden wird. Die Leinewand habe ich heute aufgespannt u. grundiert.
Nachmittags waren sehr viele Menschen da, um Bilder zu sehen, darunter das Ehepaar Lindner, ferner Frau Koch-Gotha mit Tochter u. Schwiegersohn, so dann Frau Richter-Langner u. Uschi Gräfin Dohna mit Frau Oberländer. Außerdem noch Leute, die ich nicht kannte, es waren zu viele.
Uschi Dohna sagte mir, daß sie bereit sei, ihr Haus für die geplante Kunstausstellung zur Verfügung zu stellen. Wir gingen gleich hin, um es zu besichtigen. Das Haus ist sehr verwahrlost, aber U. Dohna ist bereit, daß Haus langfristig dem Kulturbunde für künstlerische Zwecke anzubieten. Der Kulturbund könnte das Haus baulich wieder in seinen früheren Zustand versetzen, den es früher als Kunstkaten gehabt hat u. es würde sich vorzüglich für Ausstellungen u. a. künstlerische Veranstaltungen eignen. Damit wäre für Ahrenshoop ein ganz großer Vorteil gewonnen. Ich sagte ihr, sie möchte gleich mit Dr. Burgartz darüber sprechen u. möglichst selbst nach Schwerin fahren, um dort die führenden Leute für die Sache zu interessieren.