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TBHB 1946-10-04

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1946-10-04
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Entstehungsdatum: 1946
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Originaltitel: Freitag, 4. Oktober 1946.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 4. Oktober 1946
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Einführung

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Der Artikel TBHB 1946-10-04 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 4. Oktober 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

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[1]
Freitag, 4. Oktober 1946.     

[1]      Nachdem unsere Trude etwa 14 Tage in Rostock in der Klinik gelegen hat, um wegen einer Gehirnhöhlen Vereiterung beobachtet zu werden, ohne daß jedoch etwas unternommen worden ist, ist sie nun wieder aufs Neue erkrankt angeblich mit Nierenbecken-Entzündung. Sie fehlt uns sehr. –

     Fritz erzählt mir, Frau Burgartz habe ihm gesagt, daß meine Wahl zum Gemeinderat hinfällig sei. Es sei von Rostock der Bescheid gekommen, daß Gemeinderäte nicht gewählt zu werden brauchten. Ich bin's sehr zufrieden; aber das Ganze ist wieder eine unerhörte Schweinerei. Es ist extra ein Gesetz erlassen worden –, vor der Wahl –, nach dem überall Gemeinderäte zu wählen seien. Nun, nachdem die Wahl ergeben hat, daß es nicht möglich ist, überall SED=Mitglieder zu Gemeinderäten zu wählen, wird dieses Gesetz einfach wieder abgeschafft.

     In Althagen liegen die Verhältnisse besonders schlimm. Dort haben die Einwohner um eine Stimme mehr ungültige Stimmen abgegeben als SED-Stimmen. Man hatte schon vorher mit russischer Hilfe versucht, den Bürgermeister Dillwitz abzusetzen, obgleich er mit 95%iger Mehrheit das Vertrauen der Gemeinde hatte. Der KPD= bzw. SED=Mann, der für Dillwitz Bürgermeister werden sollte, hat aber im letzten Moment gekniffen, da er früher als Bauer polnische Arbeiter schlecht behandelt hatte u. überdies früher einmal in Gehlsdorf gewesen war. Er verzichtete deshalb u. ein anderer war nicht da. Man trat also wieder an Dillwitz heran u. sagte ihm, er könne weiter Bürgermeister bleiben, wenn er Mitglied der SED. werden würde. Er lehnte das ab, war aber leider bereit, aus der CDU. auszutreten. Man begnügte sich damit u. er wurde nun einstimmig wieder gewählt. – Am 20. Okt. wird das Volk ja hoffentlich die Antwort geben auf all diese Dinge u. es wird hoffentlich zu einer vernichtenden Niederlage der SED. kommen.

     Gestern habe ich die neue Zeichnung des „Mann auf der Flucht“ angefangen. Ich lese z. Zt. ein vorzügliches Buch von Theodor Plivier „Stalingrad“. Der Mann hat eine ungewöhnliche Kenntnis der Dinge u. dieses Buch gibt mir die beste Intention für diese Zeichnung. [2] In Nürnberg wurden 12 Todesurteile augesprochen, – nicht bloß sieben, wie ich dachte, nämlich: Göring, Ribbentrop, Keitel, Frank, Frick, Streicher, Rosenberg, Kaltenbrunner, Sauckel, Jodl, Seyß-Inquart u. Bormann. Letzterer war freilich nicht da weil er wahrscheinlich beim Einmarsch der Russen in Berlin schon umgekommen ist. Dazu muß man Hitler selbst u. Goebbels rechnen sowie Rob. Ley. – Heß, Funk u. Raeder erhielten lebenslängliche Gefängnisstrafen, v. Schirach u. Speer erhielten 20 Jahre Gefängnis, Neurath 15 Jahre u. Dönitz 10 Jahre. – Die russischen Mitglieder des Gerichtshofes haben gegen das Urteil protestiert, insofern Schacht, Papen u. Fritsche freigesprochen worden sind u. Heß zu lebenslänglicher Gefängnisstrafe verurteilt worden ist, er hätte ihrer Meinung nach ebenfalls hingerichtet werden müssen. Die Russen sind auch der Meinung, daß der Generalstab u. das Oberkommando der Wehrmacht u. die ganze Reichsregierung zu verbrecherischen Organisationen hätten erklärt werden müssen. – Die Landeszeitung entwickelt, ebenfalls eine große Hetze u. erklärt, daß „nach der Meinung des Volkes“ alle Angeklagten ausnahmslos hätten zu Tode verurteilt werden müssen. Sie unterstützt diese Ansicht mit den üblichen Meinungsäußerungen aus dem Volk.