Tegelstein

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Alois Wilhelm Schreiber
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Tegelstein
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 16–17
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Karlsruhe
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[16]
Tegelstein.

Auf der Burg Tegelstein am Bodensee lebte einst eine reiche Wittwe, Anna von Tegelstein, mit ihrem Sohne und drei Töchtern. Sie war eine überaus stolze Frau und gönnte den Armen kaum die Luft und das Brod. Eines Tages kam auf die Burg eine Pächterin aus der Gegend, in Trauer gekleidet [17] und sprach zur Edelfrau: „Gnädige Frau, gestern ist meine einzige Tochter gestorben; sie war erst achtzehn Jahre alt und die Freude meines Lebens. Nun möcht ich gern um ihre schwarzen Locken einen Kranz von weißen Rosen flechten, da sie doch eine Braut des Himmels geworden. Vergönnt mir, daß ich welche in Eurem Schloßgarten breche, wo sie so schön und reichlich blühen!“ – „Was da!“ – fuhr sie die stolze Frau an – „einen Kranz von Nesseln magst du für dein Mädel binden! Rosen geziemen sich nicht für so gemeines Volk; die sind nur für unsers Gleichen!“ „Nun,“ – versetzte mit feierlichem Tone und einem klagenden Blicke zum Himmel die arme Pächterin – „so mögen denn Eure Rosen zu Todtenkränzen für Eure Töchter werden!“ – und verließ das Schloß. Aber ihren Wunsch hatte Gott vernommen. Noch vor Ablauf eines Jahres starben alle drei Töchter der Edelfrau, und jede trug im Sarg einen Kranz von weißen Rosen aus dem Burggarten. Und so lange das Geschlecht der Tegelsteiner[1] blühte, sah man jedesmal, wenn der Tod eines weiblichen Abkömmlings der Familie nahe war, den Geist der hochmüthigen Frau Anna um Mitternacht im Schloßgarten sitzen und einen Kranz von weißen Rosen flechten.

(Aus Al. Schreibers: „Sagen aus den Rheingegenden etc.“)

  1. Wo ihr Schloß am Bodensee liegt oder lag, habe ich nirgends auffinden können; vielleicht ist Tegelstein nur ein willkürlich ersonnener Name, wie eben in Bezug auf Lokalitäten H. Aloys Schreiber es nicht besonders strenge zu nehmen pflegte.
    Der Herausgeber.