Telegraphen-Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde und Luxemburg
Erscheinungsbild
[368]
(Nr. 124.) Telegraphen-Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde und Luxemburg. Vom 25./28. Mai 1868.
Nachdem das Präsidium des Norddeutschen Bundes und die Königlich Großherzoglich Luxemburgische Regierung übereingekommen sind, gleichmäßige Festsetzungen für den wechselseitigen telegraphischen Verkehr zwischen den beiderseitigen Ländergebieten zu vereinbaren, haben dieselben Bevollmächtigte ernannt, und zwar:
- das Präsidium des Norddeutschen Bundes:
- den General-Telegraphendirektor, Oberst à la suite des Ingenieurkorps, Franz von Chauvin, Ritter des Rothen Adler-Ordens zweiter Klasse etc.;
- die Königlich Großherzoglich Luxemburgische Regierung:
- den Dr. Jean Pierre Föhr, Offizier des Königlich Großherzoglichen Ordens der Eichenkrone, Ritter des Königlichen Rothen Adler-Ordens zweiter Klasse, Allerhöchstihren Geschäftsträger am Königlich Preußischen Hofe,
welche, mit Vorbehalt der Genehmigung der beiderseitigen Hohen Vollmachtgeber, folgenden Vertrag geschlossen haben:
Artikel 1.
- Für die telegraphische Korrespondenz zwischen Stationen im Telegraphengebiete des Norddeutschen Bundes und Stationen im Großherzogthum Luxemburg soll der gegenwärtig für den internen Verkehr im Norddeutschen Bunde eingeführte Gebührentarif zur Geltung kommen. [369]
- Die zu berechnenden Beförderungsgebühren werden nach diesem Tarif durch Entfernung und Wortzahl bestimmt.
- Für die Bemessung der Entfernungen ist folgendes System in Anwendung gebracht.
- Der Längenabstand zwischen je zwei Breitengraden wird in fünf gleiche Theile und der Breitenabstand zwischen je zwei Längengraden in je drei gleiche Theile eingetheilt. – Durch Verbindung der betreffenden Theilungspunkte vermittelst gerader Linie wird jede von zwei Längen- und zwei Breitengraden begrenzte Fläche in funfzehn viereckige Theile, Taxquadrate genannt, zerlegt.
- Die Gebühren für einfache Depeschen von zwanzig Worten betragen:
a) bei der Beförderung zwischen Stationen eines und desselben Taxquadrats unter einander, ferner zwischen eben denselben und solchen Stationen, welche innerhalb der nächsten, das Taxquadrat umgebenden vier Quadratringe belegen sind (1 Zone Entfernung) 5 Sgr., b) bei der Beförderung zwischen Stationen des Taxquadrats und den außerhalb des Bereichs ad a., aber innerhalb der weiteren das Taxquadrat umgebenden eilf Quadratringe belegenen Stationen (2 Zonen Entfernung) 10 Sgr., c) bei der Beförderung zwischen Stationen des Taxquadrats und allen übrigen außerhalb der Bereiche ad a. und b. belegenen Stationen (3 Zonen Entfernung) 15 Sgr.
- Diese Gebühren erhöhen sich bei längeren Depeschen in der Art, daß dieselben für weitere zehn Worte oder einen Theil von zehn Worten um die Hälfte steigen.
Artikel 2.
- Die Beförderungsgebühren für die zwischen den Telegraphenstationen des Norddeutschen Bundes einerseits und den Telegraphenstationen des Großherzogthums Luxemburg andererseits zur Auswechselung kommende telegraphische Korrespondenz werden wie folgt zur Vertheilung gebracht.
- Die Gebühren für Eine Zone Entfernung verbleiben den Verwaltungen der Aufgabestationen.
- Von den Gebühren für zwei und drei Zonen erhalten:
- der Norddeutsche Bund zwei Drittel,
- das Großherzogthum Luxemburg ein Drittel.
- Die Gebühren für Weiterbeförderung über die Telegraphenlinie hinaus, für poste restante Depeschen, für Seedepeschen, für Abschriften, sowie die Vervielfältigungsgebühren fallen derjenigen Verwaltung ungetheilt zu, welche bei der betreffenden Leistung allein in Anspruch genommen war. [370]
Artikel 3.
- Auf die telegraphische Korrespondenz, welche außer den Telegraphenlinien der Hohen kontrahirenden Theile noch die Telegraphenlinien anderer Staaten berührt, findet dieser Vertrag keine Anwendung.
Artikel 4.
- Die wechselseitige telegraphische Korrespondenz wird in formeller Beziehung nach Maaßgabe der Festsetzungen des Telegraphenvertrages von Paris vom 17. Mai 1865. und des dazu gehörigen Reglements behandelt. Sollten späterhin Nachträge zu diesem Vertrage resp. dem Reglement vereinbart werden, so kommen die neu vereinbarten Bestimmungen auch im telegraphischen Verkehr zwischen Norddeutschen Bundesstationen und Luxemburgischen Stationen zur Geltung. Den Hohen kontrahirenden Theilen bleibt aber das Recht vorbehalten, für den internen Verkehr innerhalb der eigenen Telegraphengebiete selbstständig andere Tarifbestimmungen und besondere reglementarische Anordnungen zu treffen.
Artikel 5.
- Sollte in Folge etwaiger anderweiter Regelung der Telegraphenverhältnisse zwischen den einzelnen Mitgliedern des Deutsch-Oesterreichischen Telegraphenvereins der Norddeutsche Bund Separat-Telegraphenverträge mit den Süddeutschen Staaten, sowie mit Oesterreich resp. den Niederlanden schließen, so soll dem Großherzogthum Luxemburg der Eintritt in diese Verträge jederzeit freistehen. Für diesen Fall wird das Präsidium des Norddeutschen Bundes dahin wirken, daß der Antheil des Großherzogthums Luxemburg an den vertragsmäßig zu normirenden Beförderungsgebühren:
a) für die telegraphische Korrespondenz zwischen Telegraphenstationen in Bayern, Württemberg und Baden, sowie in den Niederlanden einerseits und den Telegraphenstationen in Luxemburg andererseits auf 1/3 b) für die telegraphische Korrespondenz zwischen Stationen in Oesterreich und Stationen in Luxemburg auf 1/5
- der Gesammttaxe festgestellt werde.
Artikel 6.
- Die Ermittelung und Feststellung der wechselseitigen Forderungen und Zahlungen aus dem internationalen Telegraphenverkehr wird vermittelst monatlicher Abrechnungen bewirkt. Ueber das dieserhalb zu beobachtende Verfahren, sowie über die Art der Ausgleichung der wechselseitigen Forderungen werden die beiderseitigen Telegraphenverwaltungen im Wege des Schriftwechsels sich verständigen. [371]
Artikel 7.
- Die Hohen kontrahirenden Theile erklären hiermit, und zwar das Präsidium des Norddeutschen Bundes, Namens der Königlich Preußischen Regierung, daß der unterm 3. Juni 1866. zwischen der Königlich Preußischen und der Königlich Großherzoglich Luxemburgischen Regierung abgeschlossene Telegraphenvertrag in allen Punkten außer Kraft tritt, sobald der gegenwärtige Vertrag zur Ausführung gelangt.
Artikel 8.
- Der gegenwärtige Vertrag tritt mit dem 1. August 1868. in Wirksamkeit. Derselbe ist von Jahr zu Jahr kündbar; es darf jedoch eine Kündigung nur bis 1. Juli jeden Jahres erfolgen, und es bleibt in einem solchen Falle der Vertrag demnächst noch bis ultimo Juni des nächstfolgenden Jahres in Kraft.
- Die Ratifikation des gegenwärtigen Vertrages und die Auswechselung der Ratifikations-Urkunden zwischen den Hohen kontrahirenden Theilen soll innerhalb drei Wochen stattfinden.
- Dessen zu Urkund ist dieser Vertrag von den Eingangs genannten Bevollmächtigten eigenhändig unterschrieben und besiegelt.
So geschehen | |
Berlin, den 25. Mai 1868. | Luxemburg, den 28. Mai 1868. |
(L. S.) Franz v. Chauvin. | (L. S.) J. P. Föhr. |
Die Ratifikations-Urkunden des vorstehenden Vertrages sind ausgewechselt worden.