Thüringer Bären

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Thüringer Bären
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 447–448
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Thüringen. Ein geographisches Handbuch, Jena : Gustav Fischer, 1896: Internet Archive, 1895: Internet Archive, 1892: Internet Archive, u.a.; sowie: Schmidt, Julius: Medicinisch-physikalisch-statistische Topographie der Pflege Reichenfels, Leipzig : Wienbrack, 1827 MDZ München
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[447] Thüringer Bären. Wo sind die Zeiten hin, da in Thüringens Wäldern Rudel von Wölfen umherstreiften und der braune Bär seine Tatze gegen den Menschen erhob! Der Sommerfrischler wandert heute ungestört über „Bärenthal“ und „Bärenkopf“, über „Bernsroda“ und „Bärengehege“, über „Bärenwiese“ und „Bärenbach“, Ortschaften, an denen einst die Bären häufig waren, und wenn er den Erlauer Forst im Kreise Schleusingen aufsucht, so kann er dort zwischen der Schüßlerwand und den Wasserlöchern noch die Reste eines regelrechten „Bärenfanges“ sehen. Diese Fangvorrichtung bestand in einem kreisförmig angelegten Graben mit senkrechten Wänden und von solcher Tiefe, daß ein hineingefallener Bär sich nicht wieder herauszuhelfen vermochte. An einer Seite führte in diesen Graben ein in gerader Richtung laufender Graben, der an der Einmündung in den Fanggraben durch eine senkrechte Wand abgeschlossen werden konnte und zum Herausziehen des gefangenen Bären diente. Auf der innerhalb des Kreisgrabens gelegenen Fläche von etwa 2½ Metern Durchmesser war ein Hügel hergestellt, auf dem die Lockspeise angebracht wurde. Der Graben wurde leicht mit Fichtenreisig verdeckt, welches den nach der Lockspeise gehenden Bären nicht zu tragen vermochte, so daß dieser bei dem Betreten des Reisigs durchbrechen und in den Graben stürzen mußte, wo er alsdann getötet wurde.

Meister Petz war früher in Thüringen recht häufig. Wurden doch z. B. in der Stadtwaldung von Allendorf a. d. Werra allein im Jahre 1471 6 Bären getötet, und noch im 17. Jahrhundert erjagte man im albertinischen Sachsen in den Jahren 1611 bis 1665 neben 5093 Wölfen und 305 Luchsen nicht weniger als 324 Bären! Wann ist aber wohl der letzte Bär in Thüringen erlegt worden? Die Antwort ist mit voller Sicherheit nicht mehr zu geben, interessant sind aber die Ausführungen, welche Prof. Dr. Fritz Regel in seinem ausgezeichneten Werke „Thüringen. Ein geographisches Handbuch“ (Jena, Gustav Fischer) in Bezug auf diese Frage mitteilt. Gewöhnlich wird das Jahr 1686 als dasjenige genannt, in welchem Meister Petz zum letztenmal in Thüringens Wäldern seine Tatze gegen den Menschen erhoben habe; damals wurden an zwei Stellen Bären bemerkt, bei Stützhaus unweit Ohrdruf vom gothaischen Oberförster Großgebauer und auf der Bärenheide im Wintersteiner Forst, wo Hans Lefler einen Bären erlegte. Prof. Regel weist jedoch nach, daß Berichte über Bären noch aus dem 18. Jahrhundert vorhanden sind. So [448] gedenkt Dr. J. Schmidt in seiner Schrift „Die Pflege Reichenfels“ der „letzten“ um das Jahr 1730 in der Hart bei Langenwetzendorf unweit Schleiz abgehaltenen Bärenjagd: man stieß hier unvermutet auf ein Lager mit 3 Bären, läutete Sturm und erlegte die Tiere, nachdem der Fürst von Schleiz auf die Alarmsignale herbeigeeilt war. Ferner trat im Jahre 1751 ein Bär bei Katzhütte auf, und der letzte Bär ist höchstwahrscheinlich erst im Jahre 1797 auf Hettstädter Flur bei Kursdorf erlegt worden. Leider ist die Chronik von Kursdorf, welche die Einzelheiten dieses interessanten Ereignisses enthielt, im Jahre 1872 verbrannt. Daß noch vor 100 Jahren Bären in Thüringen vorkommen konnten, erscheint durchaus nicht unmöglich, wenn wir bedenken, daß sie um jene Zeit im Böhmerwald noch so häufig waren, daß von 1760 bis 1800 ein einziger Revierförster in den Waldungen zwischen Rachel und Arber 37 Bären erjagte. Der letzte versprengte Bär zeigte sich dort im Jahre 1856. Heute ist Meister Petz in ganz Deutschland ausgerottet, und nur im bayerischen Alpenlande hält sich vielleicht noch zeitweilig ein Exemplar des großen Raubtieres auf. *