Trifels (Scheffel)
[87] Trifels.
Ouch solt ihr vil wol wizzen daz:
Dazwischent Strasburc als ich las
Un Spire lit drilic berc
als uns seit der wahrheit werc:
davon er Drivels ist genant
in allen landen wol bekant.
Rudolf von Ems Weltchronik.
Noch schwellt kein Grün der Buchen Kronen,
Doch singt die Drossel schon vom Ast,
Und mit dem Weiß der Anemonen
Mischt sich der Primel gelber Glast;
Und ihre Burgdreifaltigkeit,
In Ehren alt, vernarbt und bieder,
Kriegszeugen deutscher Kaiserzeit.
Dort Scharfenburg, die schlanke, feine,
Und hier als dritter im Vereine
Der Reichspfalz Trifels Steinkoloß.
Ihr Turm mit der Kapelle Erker,
Der einst die Reichskleinodien barg,
Wächst mächtig aus des Felsens Mark.
Tanzplatz ist noch der Kamm geheißen,
Wo einst in zierem Pfauentritt
Bei Harfenschall und Minneweisen
Ahi! wie sah man Tücher winken,
Als hier am zwölften Maientag*)
Bei vieler tausend Helme Blinken
Der sechste Heinrich Abschieds pflag!
Als klirre schon der Speere Krach:
„Konstanze, Weib dem Herzen teuer,
Bald rächen wir Salernos Schmach;
[88] Eh sich die Wälder herbstlich färben,
Soll siegreich uns und unsern Erben
Das Reichspanier am Ätna wehn!“
Als ihres Kaisers Heergeleite
Ritt eine stolze Fürstenschaft
Philipp von Schwabens junge Kraft.
Noch zog des Rotbarts blondem Kinde
Kein Frühlingsahnen durch den Sinn,
Daß er die Braut Irene finde
Gleich einer ehernen Schlange wanden
Die Helme sich den Wald hindurch,
Und alle Heerdrommeter sandten
Als Abschiedsgruß das Lied zur Burg:
Lebt wohl und blüht in Gottes Hut;
Des Adlers Flug geht nach Sizilien,
Ihn dürstet nach Normannenblut!“
Wer weiß noch von den Rittern allen
Die damals fest als Reichsvasallen
Schwert trugen in der Streiter Reihn:
Vom Truchseß Markward von Annweiler,
Trushard vom Kestenberger Schloß,
Vom Eberhard von Anebos? ...
... Ob ferner Wasgauhügelreihe
Sprüht goldner Sonnenuntergang,
Und still schwebt Frühlingsabendweihe
Dann, mit des letzten Golds Verglimmen
Füllt rings die Täler feuchtes Grau,
Und auch der Seele Saiten stimmen
Sich äolsharfenweich und lau.
Bald tritt auch mir die Stunde nah,
Da ich nicht mehr durch deutsche Wälder
Auszieh’ ins Land Italia.
Bald bleicht des Wandrers müd Gebeine
Und wie des Trifels mürbe Steine,
So deckt auch seinen Grabstein Moos.
- *) [87] Des Jahres 1194.