Trost (Victor Blüthgen)
Trost.
So du ein bleiches Antlitz schaust,
Ein Aug’ voll schwerer Thränen:
Glaub’ nicht, daß du sie auferbaust
Mit leid’gem Wortedehnen.
Ob deine Zunge Glauben träuft,
Ob Weisheit, Herzensgüte –
Dein Trost ist Wind, der Blätter häuft,
Ist eine taube Blüte.
In tiefes Dickicht birgt das Wild,
In Dunkel seine Wunden,
In Höhlen kriecht’s, bis daß es gilt
Zu sterben, zu gesunden.
Der Qual wird Licht zum Dorngeflecht,
Und jeder Ton wird schrille –
Es hat der Schmerz ein heilig Recht
Auf Dunkel und auf Stille.
Das Feuer brennt, die Wange bleicht –
Du machst kein Herz genesen!
Ein Leid, das deinem Trostwort weicht,
Das ist kein Leid gewesen.
Das beste Wort klingt hart und schlecht,
Und ob’s die Liebsten sagen – –
Es hat der Schmerz ein heilig Recht,
Zu bluten und zu klagen.
Weißt du ein Teures schmerzdurchloht,
Nimm’s an dein Herz mit Schweigen;
Sanft über seine Herzensnot
Magst du dich traurig neigen;
Hüll’s ein wie Samt, so weich und still,
Mit Liebe, sonder Werben –
Und laß es, wie es muß und will:
Heilen oder verderben. Victor Blüthgen.