Zum Inhalt springen

Ueber Heizung und Ventilation von Wohngebäuden

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Max Ahrendts
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ueber Heizung und Ventilation von Wohngebäuden
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 80
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1879
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[80]
Ueber Heizung und Ventilation von Wohngebäuden.
Auch ein Beitrag zur Gesundheitslehre.


Warum müssen wir im Winter noch immer in eiskalten Kirchen frieren, warum noch immer in unventilirten Theatern und Vergnügungssälen uns amüsiren, in rauchigen und qualmigen Bier- und Weinstuben Zerstreuung und Erheiterung suchen? Einfach, weil der Laie es für unmöglich hält, auch in alten Gebäuden moderne Heizungen und Ventilationen einzurichten oder weil er Geldopfer scheut, die hier um so schwerer fallen, als Jedermann sich einbildet: „Wärme dürfe nicht viel kosten und frische Luft müsse umsonst beschafft werden können!“

Auf dem Gebiete der Heizung und Ventilation sind in den letzten beiden Jahrzehnten, wie auf allen Gebieten der Industrie und Wissenschaft, bedeutende Fortschritte gemacht worden, die leider dem großen Publicum aus Mangel an Literatur auf diesem Felde noch immer unbekannt geblieben sind. Es ist das um so mehr zu bedauern, als die Mehrzahl unserer Handwerksmeister, auf welche in kleinen Städten der Bauherr angewiesen ist, von diesem Zweige der Technik wenig Kenntniß besitzt. In größeren Städten allerdings hat sich in neuester Zeit eine Zahl von Ingenieuren niedergelassen, die sich mit Anlegung von Heizungen und Ventilationen beschäftigen, aber die Hauptquelle ihrer Existenzmittel sind der Staat und die Communen mit ihren größeren Gebäuden oder industrielle Etablissements. Der Privatmann fängt erst zögernd an, sich die Erfahrungen der neuesten Zeit zu Nutze zu machen.

Eine gute Heizung und eine zuverlässige Ventilation sind nur dann zweckentsprechend, wenn sie beide Hand in Hand gehen. Dabei muß aber nicht allein Sorge getragen werden, die schlechte Luft abzuführen, sondern gleichzeitig auch Sorge für Zuführung angewärmter frischer Luft. Andernfalls schleicht sich kalte Luft zum Ersatze durch Thür- und Fensterritzen ein, strömt mit Gewalt durch die geöffnete Thür und erzeugt den Jedermann unangenehmen Zug. Diese Zuführung frischer, warmer Luft läßt sich, ebenso wie die Abführung der verdorbenen, mit fast jeder Heizung verbinden.

Unser guter alter Kachelofen ist einer der besten Luftreiniger unserer Wohn- und Schlafzimmer, so lange er geheizt wird. Durch das Feuer, welches in ihm brennt, saugt er die Luft aus [81] dem Zimmer, und hört damit auf, sobald die luftdichte Thür oder die Ofenklappe geschlossen wird. Für eine Zuführung frischer warmer Luft sorgt er nicht ohne Weiteres, sondern es bedarf dazu noch besonderer, aber sehr einfacher Vorrichtungen, die jeder Töpfer beim Neusetzen der Oefen anbringen kann.

Legt man nämlich zwischen die Balken eines Zimmerfußbodens unterhalb der Dielung ein Blech- oder Thonrohr, welches durch die Außenwand des Gebäudes in’s Freie und gleichzeitig vom andern Ende aufwärts durch den Ofen hindurchgeführt wird, sodaß es oberhalb der Ofendecke in das Zimmer mündet, so hat man die denkbar einfachste Vorrichtung zur Zuführung frischer warmer Luft in unsere Wohnzimmer. In dieses Luftrohr ist dann noch eine gewöhnliche Verschlußklappe an beliebiger Stelle einzulegen, um den Luftstrom reguliren oder abschließen zu können.

Das Princip ist folgendes: Das in dem Ofen befindliche Rohr wird durch die Feuerung desselben erwärmt und dadurch in demselben eine warme Luftsäule erzeugt, die vermöge ihrer vergrößerten Leichtigkeit das Bestreben hat, nach oben zu entweichen. Hierdurch entsteht ein Nachströmen und Erwärmen der äußeren kalten Luft oder, wie der Techniker sagt, ein Ansaugen oder Anlocken derselben durch die entweichende Luft. Dieses Spiel setzt sich so lange fort, als das Eisenrohr in dem Kachelofen warm bleibt, was bei guten Kachelöfen ja bis zum Abend der Fall ist. Ist der Ofen erkaltet, so wird die Luftklappe geschlossen.

Die Abführung der verdorbenen Luft in den Schornstein läßt sich in gleich einfacher Weise entweder mit dem Kachelofen selbst durch ein zweites hindurchgelegtes eisernes Rohr verbinden, oder man benutzt eine besondere Schornsteinröhre, durch welche freiliegend das gußeiserne Rauchrohr in den Schornstein führt und welche, bis zum Zimmerfußboden reichend, dort durch eine Oeffnung die verdorbene Luft absaugt. Das freistehende eiserne Rauchrohr erwärmt nämlich die dasselbe umgebende Luft, welche in Folge dessen in den Schornstein entweicht und die Zimmerluft absaugt.

Derartige Oefen sind in neuester Zeit öfters ausgeführt und von Romberg und Mehlmann mit besonderen Vervollkommnungen für schnelle Zimmererwärmung eingerichtet worden.

Ganz ähnliche Einrichtungen sind ausgeführt, um Fußböden vor der so sehr zerstörenden und gesundheitsgefährlichen Schwammbildung zu sichern. Man verbindet mit dem Kachelofen des betreffenden Raumes eine Ventilation der Balkenzwischenräume des Fußbodens, welche frische Luft von draußen erwärmt und wieder in’s Freie leitet. Hierdurch entsteht unter dem Fußboden eine Luftcirculation, die der Schwammbildung die erste Existenzbedingung, die stagnirende Luft, entzieht.

In vorteilhaftester Weise hat man in neuester Zeit auch die eisernen Oefen zu Ventilationszwecken ausgebildet und vervollkommnet. Man umgiebt dieselben mit einem Blechmantel, welcher oben offen ist; die zwischen ihm und dem eisernen Ofen liegende Luftschicht wird erhitzt, strömt empor und saugt die äußere Luft an, die nun innerhalb des Mantels erwärmt wird und wieder ausströmt. Es gehören in diese Kategorie namentlich die verbesserten Meidinger’schen Füllöfen, Wolpert’s Regulirfüllöfen, und wie sie alle heißen mögen. Fast jede größere Eisengießerei construirt solche eiserne Oefen in den mannigfaltigsten Combinationen und Ausstattungen.

Eins nur ist hier noch über die eisernen Oefen zu sagen, daß man sich nämlich vor all jenen älteren Constructionen hüten soll, die nicht ein Erglühen des Ofens verhindern. Neuere Versuche haben nämlich gezeigt, daß glühendes Eisen durchlässig ist für das so stark gesundheitsgefährliche Kohlenoxydgas, das Jedermann fürchtet, der nicht Selbstmörder werden will. Außerdem verbrennen aber auch an den überhitzten Wandungen des Ofens die in der Luft befindlichen Verunreinigungen, Sonnenstäubchen genannt, die wir in jedem einzeln einfallenden Sonnenstrahle wahrnehmen, zu Asche und erzeugen alsdann das bekannte unangenehm trockene, kitzelnde Gefühl im Halse und auf der Haut. Außerdem steht längst fest, daß eiserne Oefen die Zimmerluft zu stark austrocknen.

Die Füllöfen haben wieder den Nachtheil, daß in dem Berge von Kohlen, mit welchem dieselben gleich von vornherein beschickt werden, anfänglich nur eine unvollkommene Verbrennung des Heizmaterials und damit eine sehr starke Kohlenoxidgasbildung bedingt wird, gegen welche noch keine Verdichtung der Fugen zwischen den einzelnen Ofentheilen ihre Undurchdringlichkeit auf die Dauer bewiesen hat. Im Uebrigen hört man starke Klagen, daß die Füllöfen argen Staub verursachen, welcher durch das Einschütten des Brennmaterials und die dadurch fortfliegende ganz feine Asche entsteht.

In neuester Zeit werden für Wohngebäude häufiger auch die Centralheizungen angewandt, bei denen die einzige Feuerstelle im Keller angelegt wird. Mit diesen Centralheizungen läßt sich am einfachsten eine geeignete Zuführung und Abführung von Luft verbinden; sie ermöglichen bei rationeller Anlage eine fast gleichmäßige Erwärmung aller Räume, eine Heizung der Treppenhäuser und Corridore, wodurch der Zug beim Oeffnen der Thüren vermieden wird, halten Rauch und Kohlenstaub von den bewohnten Räumen ab und schließen ein Betreten der Zimmer durch das Heizpersonal aus.

Die bis jetzt noch am wenigsten angewendete Centralheizung für Wohnungen ist die Dampfheizung, welche Wasserdampf nach schlangenförmig gewundenen Röhren oder orgelpfeifenartigen sogenannten Registern in den zu heizenden Zimmern führt. Ihre Anlage ist nur da rationell und billig, wo Fabrikgebäude in der Nähe liegen und überschüssiger Dampf aus dem Maschinenbetriebe vorhanden ist, ihre Behandlung erfordert viel Aufmerksamkeit, damit kein Platzen der Dampfröhren eintritt.

Viel häufiger angewendet sind die Heißwasser- und die Warmwasserheizung. Erstere hat ihren Namen daher, daß heißes Wasser in einem vollständig geschlossenen Röhrensysteme, welches einer Dampfbildung vorbeugt, zur Circulation gebracht wird. Der vollständige Schluß des Systems ermöglicht es, die Wassertemperatur bis zu 200 Grad Celsius zu steigern, ähnlich wie im Papin’schen Topf. Hierbei sind wegen der großen Pressung des überhitzten Wassers Gefahren einer Explosion nicht ausgeschlossen, und wenn diese Heizung schon deswegen nicht gern für Wohngebäude gewählt wird, so hat sie außerdem noch den Nachtheil, daß sie, wie auch die Dampfheizung, kein Wärmereservationsvermögen hat; es tritt eine fast sofortige Abkühlung des Systems ein, sobald das Feuer im Keller erlischt. Die Heizkörper, die hier gleichfalls in Schlangenrohren oder Registern bestehen, müssen durch seine Bronzegitter oder Eisengitter jeder möglichen Berührung entzogen werden. Man kann mit denselben leicht die Fensternische unterhalb des Fensterbrettes füllen, und so den sonst im Winter stets zugigen Fensterplatz zu einem höchst angenehmen, gemüthlich warmen Plätzchen gestalten.

Am meisten empfiehlt sich als Centralheizung für Wohnungen die Warmwasserheizung, welche das erforderliche Wasser im Keller mittelst eines Kessels nicht ganz bis zur Siedetemperatur erhitzt. Das System ist offen, denn es wird in dem Dachraum ein Wasserreservoir, nur mit einem leichten Deckel verschlossen, aufgestellt, von welchem aus sich einzelne Röhren nach dem Kessel und weiter nach den Heizkörpern abzweigen. Dieses Reservoir fehlt der Heißwasserheizung. Die Heizkörper bestehen meistens aus den bekannten runden, lackirten Blechöfen, obwohl man auch häufig in die Fensternischen kleine Heizkästen legt. Die Betriebskosten dieser Heizung sind sehr mäßig, obwohl sie von allen Centralheizungen die relativ höchsten Anlagekosten erfordert. Da die Oefen mit einer großen Menge Wasser gefüllt sind, so halten sie die Wärme auf lange Zeit fest, sodaß häufig des anderen Tages noch eine laue Temperatur in ihnen zu spüren ist. Explosionsgefahren sind fast ganz ausgeschlossen, dagegen muß man auch hier, wie bei allen Wasserheizungen, auf die Verhinderung des Einfrierens Bedacht nehmen.

Bei der Warmwasserheizung hat man die sehr große Annehmlichkeit, das warme Wasser derselben zu kleinen häuslichen Zwecken benutzen zu können. Das Badezimmer, das sich heutzutage wohl jeder Mensch in seiner Wohnung wünscht, hat immer warmes Wasser zur Disposition, sodaß ein Heizen des Badeofens vor dem jedesmaligen Bade nicht nöthig ist. Auch die Brause, die sonst fast nur mit kaltem Wasser versehen wird, kann leicht mit einer Mischvorrichtung in Verbindung gebracht werden, die ein Douchen mit warmem Wasser, herabsteigend bis zur Temperatur der Wasserleitung, ermöglicht. Sehr häufig werden jetzt in den Schlafzimmern die Waschtoiletten an die Wasserleitung angeschlossen, und da kann man denn neben dem Auslaßhahn für kaltes Wasser sich noch einen solchen für warmes aus der Heizung anlegen lassen. Daß natürlich mit dem warmen Wasser hier sparsam umgegangen werden muß, ist wohl erklärlich, weil sonst der [82] Heizeffect dadurch herabgemindert wird, daß das abgelassene warme Wasser selbstverständlich aus der Wasserleitung durch kaltes ersetzt werden muß.

Die letzte der Heizungen in dieser Reihe ist die Luftheizung, wozu noch die möglichen Combinationen derselben mit den vorgenannten Heizmethoden kommen. Sie ist, beiläufig bemerkt, die älteste der Centralheizungen. Für die Anlage einer Luftheizung wird in einem fensterlosen Raume des Kellers, der nur eine Zuführungsöffnung für die frische Luft von außen hat, ein entsprechend großer Heizofen aufgestellt, welcher die Luft dieser sogenannten Heizkammer erwärmt. Von hier aus steigt die Luft in die darüberliegende Mischkammer, wird hier mit zugeführter kalter Luft zu der erforderlichen Temperatur gebracht und nun durch gemauerte Canäle in den Wänden nach den zu heizenden Räumen geführt.

Auf die Art und Größe des Heizofens in der Heizkammer kommt hauptsächlich die Leistungsfähigkeit und Brauchbarkeit der Heizung an. Ist der Ofen aus Eisen construirt und so angelegt, daß ein Glühendwerden desselben eintreten kann, so hat die Heizung dieselben Nachtheile, wie die Benutzung eines gewöhnlichen Ofens. Die Luft wird trocken, enthält Kohlenoxydgas und Aschentheilchen und wird zum Athmen untauglich. Ist nun noch dazu der Heizapparat undicht, so kommen auch noch Verbrennungsgase mit in die warme Luft, und es wird in allen Zimmern tagelang nach Rauch riechen, wenn der Schornsteinfeger die Heizkammer hat betreten müssen, um die Züge des Heizofens zu reinigen, wie das bei fehlerhafter Anlage vorgekommen ist.

Alle diese Uebelstände sind aber durch die neuesten Einrichtungen beseitigt.

Man benutzt heutzutage zur Erwärmung der Luft in den Heizkammern statt des Ofens eine eigene Dampfheizung und erhält so eine Dampfluftheizung, auf welche ein Traum der Zukunft sich gründet. Man will nämlich von einer Centralstelle aus einen ganzen Häusercomplex in dieser Weise heizen, wie man jetzt für Zuführung von Gas und Wasser sorgt. Erwärmt man die Heizkammerluft mit einer Heiß- oder Warmwasserheizung, so entsteht die Heißwasserluft- respective Warmwasserluftheizung. In ganz ähnlicher Weise giebt es auch Dampfwasserheizungen.

Diese Combinations-Luftheizungen sind heutzutage nach Aufgeben der alten Luftheizungen am meisten angewendet, da sie alle Schäden, die vorher aufgeführt wurden, vermeiden. Einer Austrocknung der Luft in den Heizkammern muß übrigens bei jeder Luftheizung durch aufgestellte Wasserverdunstungsgefäße vorgebeugt werden.

Bei großen öffentlichen Gebäuden werden alle diese Centralheizungen in den mannigfaltigsten Combinationen angewendet. Ein eigenes Heizer- und Maschinistenpersonal sorgt für die prompte Ausführung der Heizungs- und Ventilationsvorschriften und wird im Keller durch elektrische Thermometer von den Temperaturgraden der einzelnen Räume unterrichtet, um dafür sorgen zu können, daß die gewünschte Temperatur überall durch die Heizung erzielt wird. Anemometer (Luftzugmesser) zeigen an, ob die geforderten Luftmengen durch die Ventilationscanäle wirklich abgegeführt und durch frische, genügend erwärmte Luft ersetzt werden, und Hygrometer (Feuchtigkeitsmesser) weisen nach, ob die Luft mit so viel Wasserdämpfen gesättigt ist, wie zum Athmen für den Menschen dienlich erscheint. Bei Wohngebäuden ist eine so eingehende Wartung der Heizung und Ventilation nicht möglich, und deshalb treten, namentlich bei fehlerhafter Anlage, so häufig Störungen und Unzuträglichkeiten ein, die dann immer gleich fast sämmtliche geheizte Räume betreffen. Am wenigsten Wartung und Pflege bedarf eine gut angelegte Warmwasserheizung, die auch deshalb immer für Wohngebäude die beste Centralheizung bleiben wird.

Ganz mit Recht ist nun aber in Norddeutschland der Kachelofen, namentlich wenn mit ihm eine Ventilationseinrichtung verbunden ist, der beliebteste Heizapparat, und nicht genug kann man sich darüber wundern, daß die Franzosen und Italiener in kalten Tagen noch immer am Kamin frieren. Der Kamin ist zwar gesundheitlich und ästhetisch gerechtfertigt, verbraucht aber eine ungeheure Menge Brennmaterial, ohne den gewünschten Nutzen zu liefern. Nur die strahlende Wärme wird hier ausgenutzt; die leitende kommt gar nicht in Betracht.

Am Rhein ist der eiserne Ofen noch immer fast allein im Gebrauch; sogar auf ihren Wohnungsumzügen belästigt er die Leute mit Schmutz, denn dort gehört der Ofen zum beweglichen Mobiliar und wird von den Miethern aus einer Wohnung in die andere mitgenommen.

Kamin und eiserner Ofen läßt sich aber mit dem Kachelofen so gut vereinigen, daß man eigentlich in dieser Beziehung Jedem gerecht werden kann. Allbekannt sind in Berlin die Kaminöfen, deren sich in letzter Zeit das moderne Kunstgewerbe mit so viel Glück angenommen hat. Unsere Ausstellungen haben hierfür Musterstücke genug in gewähltester Glasur und Technik aufzuweisen.

Diese Kaminöfen gewähren den reizvollen Anblick des Holzfeuers auf offenem Kamin, führen aber die Feuerluft in Zügen durch einen oben aufgesetzten Kachelofen und nutzen dieselbe so für eine dauernde Erwärmung des Zimmers aus. Sie sind außerdem so gebaut, daß seitlich sich noch eine Feuerungsöffnung mit luftdichtem Verschluß befindet, die eine Benutzung des Kamins ausschließen kann. Das Kaminfeuer kann man daher unabhängig von Ofenfeuerung seitlich benutzen und umgekehrt; den Anblick des offenen Holzfeuers, kann man sich für trauliche Dämmer- und Plauderstündchen aufsparen.

Als Combinationen der eisernen Oefen mit den Kachelöfen sind die sogenannten Duvigneau’schen, als die am meisten verwendeten, zu erwähnen, deren Lob ich sehr oft habe aussprechen hören. Der kleine eiserne Ofen steht hier frei im Bauche des Kachelofens und berührt die Kacheln nur am Fuße und da, wo die Feuerluft aus ihm in den Kachelofen überströmt. Wird dieser Ofen ungeschickt gebaut, sodaß der eiserne seitlich mit dem Kachelofen sich berührt, so treibt ersterer, indem er sich bei der Heizung ausdehnt, unfehlbar die Kacheln aus den Fugen. Eine durchbrochene eiserne Thür, meist fein polirt, entzieht den kleinen eisernen Ofen dem Auge des Betrachtenden. In früheren Jahren waren die nach demselben Principe gebauten sogenannten Feilner’schen Oefen in Gebrauch; sie haben sich nicht bewährt, weil da Kachel- und eiserner Ofen nicht von einander getrennt waren.

Zum Schlusse noch eine kurze Bemerkung über die jetzt so häufig in vielen Restaurationen, Cafés und Weinstuben angewendete Ventilationsart mittelst einer in einer Schornsteinröhre brennenden Gasflamme. Das ist im Princip richtig, denn die Gasflamme erwärmt die Luft in dem Rohre; diese entweicht nach oben und saugt so die Luft aus dem Zimmer hinter sich her. Leider aber ist das Schornsteinrohr viel zu eng, als daß es so viel schlechte Luft aus dem Raume herausbefördern könnte, wie nöthig ist, um eine erträgliche Luft herzustellen. Der Querschnitt dieser Ventilationsrohre beträgt gewöhnlich 0,03 Quadratmeter; die Geschwindigkeit der Luft in denselben kann sich in günstigen Fällen auf 2,5 Meter pro Secunde steigern, sodaß also stündlich 0,03.2,5.60.60 == 270 Cubikmeter Luft abgeführt werden. Soll nun in einem Locale, in welchem geraucht wird, eine erträgliche Luft hergestellt werden, so muß pro Person stündlich ein Luftquantum von circa 80 Cubikmeter zugeführt und als verbraucht durch die Ventilation abgeführt werden. Man ersieht leicht, daß obiges Schornsteinrohr für circa 4 Menschen genügt, während derartig ventilirte Räume häufig von der fünffachen Personenzahl benutzt werden. Die Ventilationseinrichtung ist also nicht ausreichend. Man hat in diesem Falle die Röhrenzahl den Verhältnissen entsprechend zu vermehren, beziehentlich ihren Querschnitt zu vergrößern. Bei öffentlichen Gebäuden nehmen die Ventilationscanäle, wenn sie schließlich in 1 oder auch 2 oder 3 Schloten vereinigt sind, ziemlich bedeutende Dimensionen an und erregen mit ihrer Masse und den krönenden Deflectoren, welche die Windströmungen auch noch zur Absaugung der schlechten Luft benutzen sollen, oft genug beim Publicum Fragen nach der Bedeutung dieser thurmartigen Schornsteine.

Möchten doch unsere leider nur oft casernenartig angelegten Wohnhäuser mit Rücksicht auf gute Heizung und Ventilation gebaut werden, namentlich so weit es sich um die ungesunden Keller- und feuchten Erdgeschoßwohnungen handelt! Frische Luft in richtiger Temperatur ist für Gesundheit und Leben des Menschen ein unschätzbares Gut, ist Medicin.

Ahrendts, Regierungsbaumeister.