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Ueber die projectirte Canalverbindung des atlantischen und des stillen Ozeans

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Textdaten
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Autor: Alexander Dirom
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Titel: Ueber die projectirte Canalverbindung des atlantischen und des stillen Ozeans
Untertitel:
aus: Das Ausland, Nr. 87. S. 346–347.
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Ueber die projectirte Canalverbindung des atlantischen und des stillen Ozeans.

Notes, by Lieut. Gen. Dirom, of Mount-Annan, regarding the lines of Communication, which may be made across Central America, between the Atlantic and the pacific Oceans. London 1827.

Einer der größten Entwürfe des menschlichen Geistes ist unstreitig die Verbindung des atlantischen mit dem stillen Meere. Der Plan, mittels des Flusses Sankt Johann und des Nicaraguasees einen für Schiffe jeder Größe fahrbaren Kanal durch Mittelamerika zu ziehen, würde wahrscheinlich längst zur Ausführung gekommen seyn, wenn nicht außerordentliche Hindernisse sich ihm entgegenstemmten. Der Verfasser der benannten Abhandlung geht auf die im amerikanischen Befreiungskriege stattgehabten militärischen Operationen zurück, und beweist durch die hierbei gemachten Erfahrungen, die Schwierigkeit dieses großen Unternehmens.

Als im Jahre 1779 Spanien alles aufbot, um den Abfall der brittischen Kolonien vom Mutterlande zu begünstigen, so beschloß die englische Regierung Repressalien gegen seine Kolonien zu gebrauchen, und bevollmächtigte den Gouverneur auf Jamaika gegen die Spanier offensiv aufzutreten. Eine Expedition, welche unverzüglich ausgerüstet wurde, hatte den glücklichsten Erfolg und das spanische Fort Omoa wurde mit Sturm genommen. Obschon aber diese wichtige Besitzung, welche den Engländern weitere Unternehmungen gegen die Gold- und Silber-Minen auf der Westküste von Guatimala erleichtert hätte, ihres ungesunden Klimas wegen bald wieder verlassen werden mußte, so führte doch der erste gelungene Versuch zum Entwurfe eines ausgedehnteren Planes, welcher auch von der englischen Regierung genehmigt wurde. Man wollte nämlich am Flusse Sankt Johann hinaufgehen, einige Inseln auf dem Nicaraguasee besetzen und die Städte Granada und Leon befreien; oder diese Plätze besetzen und im Vereine mit einer englischen Eskader die Verbindung der Westküste Amerikas mit der Ostküste erzielen.

Nachdem die Besetzung von Jamaika mit vier Regimentern von England aus verstärkt worden, wurden die für diese Unternehmung bestimmten Truppen in der Honduras-Bay ans Land gesetzt und verfolgten ohne Verzug ihren Marsch längst des Sankt Johann-Flusses, auf welchem Kapitän Nelson, der hier den Grund zu seiner bis jetzt unerreichten seemännischen Größe legte, sie mit zwei Böten seines eigenen Schiffes begleitete. Dies war im März 1779, und im April befanden sie sich im Angesicht des Kastells Sankt Johann, 69 englische Meilen vom Hafen und 32 vom See entfernt. Die Schwierigkeiten, welche sie schon bis dahin zu bekämpfen hatten, waren außerordentlich; der Fluß, an sich sehr reißend, war bei der trockenen Jahreszeit so seicht, daß die Schiffsleute öfters die Fahrzeuge mit den Händen schleppen mußten. Nelson nahm auf dem Wege die befestigte Insel Sankt Bartolomeo mit dem Schwerte in der Hand. Das höchst ungesunde Klima raffte viele Menschen weg und wenige widerstanden seinem entkräftenden Einflusse.

Die Garnison von Sankt Johann, welche Mangel an Wasser und Munition litt, mußte sich Ende Aprils ergeben. Der Verlust der Belagerer durch die Belagerten war nicht sehr bedeutend; die Thätigkeit und Ausdauer Nelson’s wurden in allen damaligen Berichten mit Bewunderung erwähnt.

Die Verheerungen des atmosphärischen Einflusses wurden indessen täglich beunruhigender und es blieben nicht einmal so viele Gesunde übrig, um die Kranken zu pflegen. Dazu trat die Regenzeit ein, welche ohnehin für mehrere Monate jede fernere militärische Unternehmung unmöglich machte. Man beschloß daher, in Sankt Johann Besatzung zu lassen und auf den Böten in den Hafen zurückzukehren. Doch auch hier ereilte die Unglücklichen der Tod, den sie bereits in sich trugen, und von der Bemannung des Nelson’schen Schiffes Hinchinbrook, welche 200 Mann stark war, überlebten nur 10, den Kapitän mitbegriffen, diese Expedition. Cholera Morbus, Verstopfungen der Eingeweide, Gallen- und gelbes-Fieber, waren die vorherrschenden Krankheits-Erscheinungen, welche sich so wenig heben ließen, daß man genöthigt war, sämmtliche Schiffe und Truppen nach Jamaika zurückzuschicken. Viele angesehene Offiziere der Land- und Seemacht verloren ihr Leben bei dieser unglücklichen Unternehmung und von 2000 Mann, welche dazu verwendet worden, genasen nur 300 vollkommen. Die Neger waren die einzigen, welche diesen furchbaren klimatischen Einflüssen widerstanden. Kapitän Nelson mußte sein Schiff verlassen und nach England zurückkehren, wo er nach langem Siechthum und zum Glücke für den künftigen Ruhm seines Vaterlandes wieder genas. Alle ferneren Operationen wurden nach diesen traurigen Erfahrungen von englischer Seite eingestellt.

Die schädliche Luft am Ausflusse, so wie an den Ufern des Sankt Johann Flusses, seine geringe Breite von ungefähr 300 Yards, seine Seichtigkeit in der trockenen Jahreszeit so wie seine heftige Strömung zu andern Zeiten, [347] alle diese Umstände werden stets störend jedem Unternehmen, aus diesem Flusse einen, für Schiffe jeder Größe fahrbaren Kanal zu bilden, entgegenwirken.

Indessen sollte ein Vorhaben, das für die Handelswelt von unberechenbarer Wichtigkeit ist und welches dazu dienen würde, die Unabhängigkeit der vereinten südamerikanischen Freistaaten zu verherrlichen und zu sichern, nicht so bald aufgegeben werden. Das Klima kann auf mannichfache Weise verbessert werden, und hier würde die Reinigung der Flußufer von Wald, das Graben von Abzugskanälen, das Durchstechen der Anhöhen und die Verminderung der Strömung durch Schleusen vielleicht hinreichen, die Unternehmung möglich zu machen.

Vielleicht ließen sich auch, und gewiß zu nicht geringerem Nutzen des Publikums, drei große Fahrstraßen durch die Landenge ziehen, anstatt der gegenwärtig bestehenden schmalen und oft steilen Wege, auf welchen die Kaufmannsgüter auf Maulthieren durch Mittelamerika getragen werden müssen. Diese Straßen müßten, wenn anders die Beschaffenheit des Landes es gestattet, zum mindesten 60 Fuß breit seyn, auf der einen Seite einen eingezäunten Weg für Wägen, auf der andern Seite einen Fußpfad haben, auf beiden Seiten aber mit Alleen von schattenreichen Bäumen besetzt werden. Die eine dieser Straßen könnte gerade durch den Isthmus von Darien, etwa zwischen Chagré und Panama, durchlaufen; eine andere vom Golf von Dulce nach Guatimala; und eine dritte vom Golf von Mexico nach dem von Tegnantepec. Keine dieser Straßen würde mehr als 60–100 englische Meilen in der Länge betragen, während der projektirte Kanal durch den Sankt Johann-Fluß und den Nicaragua-See 200 Meilen lang werden müßte. –